Daten | Ereignis |
-450ff | griechische Philosophie |
450-360 | Die Sophisten begründen die Grammatik als wissenschaftliche Disziplin. Sie lehren Grammatik und Rhetorik als Voraussetzung für Erfolg im öffentlichen Leben. Basis ist die Dichtererklärung, wobei besonders grammatische und lexikalische Probleme behandelt werden. |
427-347 | Platon. Er war einer der bedeutendsten Philosophen der abendländischen Geschichte, aber kein Linguist, da er sich für Wortformen bzw., allgemeiner, die Struktur sprachlicher Ausdrücke im Grunde nicht interessierte. |
1230-1340 | Modismus: Richtung der Sprach- und Grammatiktheorie innerhalb der Scholastik, welche die grammatischen Kategorien (des Lateinischen) auf Ontologie und Erkenntnis begründet, sie also semantisch statt strukturell zu begründen sucht. Der zentrale Begriff ist der modus significandi “Weise des Bezeichnens”, eben die Bedeutung einer grammatischen Kategorie. |
1620-1800 | Rationalismus: Erkenntnistheorie, wonach Erkenntnis nur durch rationales Denken erlangt wird. Vernunft ist der allgemeingültige Wertmaßstab, deduktives Denken hat Priorität. Sinneswahrnehmung führt nicht zur Erkenntnis der Prinzipien. Aus dem Rationalismus folgt der Glaube an den Fortschritt der Menschheit und eine hohe Bewertung der Wissenschaft (gegen die Religion). Hauptfigur: R. Descartes (1596-1650). Der Rationalismus ist die Gegenposition des Empirismus und noch die wissenschaftstheoret. Position der Aufklärung (18. Jh.) |
1620ff | Empirismus. Aus England stammende wissenschaftliche Richtung, die das Beruhen allen Wissens auf Erfahrung betont. Gesicherte Erkenntnis wird nur aufgrund von Sinneseindrücken, also nur über sinnlich erfaßbare Gegenstände gewonnen. Gegenposition zum (aus Frankreich stammenden) Rationalismus. Angestrebt wird reine Erkenntnis durch primären, unmittelbaren Kontakt mit den Gegenständen, ohne Vorannahmen (tabula rasa). Vorherrschen der induktiven über die deduktive Methode, kausaler über teleologische Erklärungen. Mündet (teilweise alternativ) in Materialismus, Sensualismus (nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensu), Mechanismus (Gewinnung allgemeinerer Begriffe durch mechanische Assoziation), Skeptizismus (Erkenntnis ganz unmöglich, da kein direkter Zugriff auf die Dingwelt), seit 1850 in Positivismus. Begründer: Francis Bacon (1561-1626). Vertreter: Thomas Hobbes (1588-1679), John Locke (1632-1704), George Berkeley (1685-1753), David Hume (1711-1776). In Deutschland seit Leibniz und besonders der Aufklärung Versuche, Empirismus und Rationalismus zu vereinen. Gegensatz i.w. durch Kant aufgehoben; besteht jedoch bis heute fort. |
1690 | John Locke, An essay concerning human understanding. Begründet den Empirismus epistemologisch. |
1748/9 | David Hume und David Hartley begründen die Assoziationspsychologie. In Deutschland vertreten von Johann F. Herbart (s.u.). |
seit 1750 | vergleichende Anatomie (Albrecht von Haller). Übernahme des Organismusbegriffs in andere Disziplinen. |
1768-1783 | Sturm und Drang. Bewegung der deutschen Literatur gegen Aufklärung, Rationalismus, Klassizismus, Rokoko. Theoretische Grundlegung: Hamann, Herder. Emphase auf schöpferischer Kraft, leidenschaftlichem Gefühl, Subjektivismus, Individualismus (Götz von Berlichingen), Freiheit (Kabale und Liebe). Abgelöst durch klassisches Humanitäts- und Kunstideal. |
1790-1815 | Romantik (-1900 Spätromantik). Teilweise Reaktion auf die Aufklärung. Synthese von Gefühl und Verstand, Natur und Geist, Gemeinschaft und Persönlichkeit, nationaler Eigentümlichkeit und universaler Blickweite (mit neuer Emphase auf dem jeweils ersteren). Herder Anreger für Staatstheorie: historisch bedingte Staatsnation, jeder Staat eine Individualität. Herders "Geschichte des Menschengeistes", Volk als geistige Einheit. Interesse für (deutsches) Volkstum und Geschichte. Philosophische Durcharbeitung der Nationalidee durch Schleiermacher. Hinwendung zur Vergangenheit; das Älteste ist das Ursprüngliche, Natürliche, Echte, Heile. |
1790-1830 | deutscher Idealismus. Der transzendentale Idealismus (Kant) besagt, daß Erkenntnis durch allgemeine Erkenntnismöglichkeiten (~ platonische Ideale) determiniert und begrenzt ist. Gegen den Realismus. Der dt. Idealismus steht für die metaphysische Ableitung der gesamten Wirklichkeit aus einem geistigen Prinzip, der Ordnung des Denkens (Kant, Fichte, Schelling, Hegel). Linguistische Vertreter noch im 20. Jh. |
1800-24 | Friedrich A. Wolf verbreitet das klassische Bildungsideal. |
1824f | Johann F. Herbart, Psychologie als Wissenschaft, begründet auf Erfahrung, Metaphysik und Mathematik. Psychologie als Naturwissenschaft, mechanistische Psychologie, Assoziationspsychologie: mathematisch gefaßte Statik und Dynamik von Vorstellungen (= Kräften), die sich gegenseitig hemmen, verdunkeln, das Gleichgewicht halten oder fördern, woraus sich die Dominanz, Assoziation und Reproduktion von Vorstellungen ergeben. Große Bedeutung für die Schulpädagogik. |
1843 | John Stuart Mill, System of logic, ratiocinative and inductive. Weiterentwicklung der Assoziationspsychologie. Vorstellungen oder sekundäre geistige Zustände werden durch unsere Eindrücke oder durch andere Vorstellungen gemäß gewissen Gesetzen, den Assoziationsgesetzen, hervorgerufen:
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1847 | Hermann von Helmholtz, Über die Erhaltung der Kraft. Psychologie als Naturwissenschaft. |
1850-1900 | Positivismus. Herrschendes Wissenschaftsideal. Basiert auf dem Empirismus; gegen den Idealismus. Nur das unmittelbar Wahrgenommene - Tatsachen oder Sinneswahrnehmungen - ist sichere Grundlage der Erkenntnis. Wissenschaft tut nichts als beobachtete Erscheinungen gesetzlich zu verknüpfen (Herrschen des "allgemeinen, gesunden Menschenverstandes"). Naturwiss. Exaktheitsideal. Metaphysische Fragen sind sinnlos. Ablehnung ideengeleiteter Theorien. Vertreter: Auguste Comte (1798-1857), Ernst Mach (1838-1916), Moritz Schlick (1882-1936), Herbert Spencer. In den Geisteswissenschaften: Ablehnung von Sinn- und Wertfragen. In der Linguistik: Übergewicht von formalen Methoden über inhaltliches Verstehen; Ignorieren der Bedeutungsseite der Sprache. Psycholog. Richtung: Behaviorismus. Im 20. Jh. durch den logischen Empirismus fortgesetzt. Auswuchs: Szientismus. |
1859 | Charles Darwin, Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl. Begründet die Evolutionstheorie. |
1868 | Erich Haeckel, Die natürliche Schöpfungsgeschichte |
1879-1970 | logischer Empirismus (~ logischer Positivismus ~ Neopositivismus): Begründung des Empirismus durch mathematische Logik. Vertreter: G. Frege (1848-1925), A.N. Whitehead (1861-1947), B. Russell (1872-1970), R. Carnap (1891-1970). |
1900 | Wilhelm Wundt, Völkerpsychologie; 1. Teil: Die Sprache. Sprache als eine Art menschlicher Ausdrucksbewegungen. Verwendet Ergebnisse der Sprachwissenschaft für psychologische Gesetze. Mit Lazarus & Steinthal gegen die Herbartsche Assoziationspsychologie. Begründet die empirische Psychologie. |
1900f | Edmund Husserl, Logische Untersuchungen. Phänomenologie; reine, von Psychologie unabhängige Logik. Analyse der Wortbedeutung. |
1902ff | Begründung der Soziologie durch Émile Durkheim; Hauptwerk: Les règles de la méthode sociologique, 1895. Konzeption der `faits sociaux' als Wirklichkeit eigener Art, die von den Individuen getrennt ist und Zwang auf sie ausübt. |
1916ff | Strukturalismus: Strömung der Geisteswissenschaften. Hervorhebung des Systems (gegen den Atomismus), des Universalen (gegen den Individualismus), der Relationen gegenüber den Einheiten, der Form gegenüber der Substanz. Suche nach Baugesetzen, die das System beherrschen. Ahistorischer Deskriptivismus: Fehlen einer historischen Sicht und einer Einbettung des Systems in die Gesellschaft, Immanentismus. Gefahr der Verselbständigung und Enthumanisierung. Vorherrschen statischer Auffassungen. Linguistische Vertreter: F. de Saussure, N.S. Trubetzkoy, R. Jakobson, L. Hjelmslev, G. Guillaume, A. Martinet; F. Boas, E. Sapir, L. Bloomfield, Z.S. Harris, N. Chomsky. Semiotik: E. Buyssens, L.J. Prieto, G. Mounin, U. Eco. Literaturwissenschaft: R. Jakobson, T. Todorov, J. Ihwe. Anthropologie: C. Lévi-Strauss. Psychologie: J. Lacan. Philosophie: M. Merleau-Ponty, J. Derrida. |
1924 | Albert P. Weiss, A theoretical basis of human behavior. Ist durch seinen Einfluß auf L. Bloomfield die Quelle des linguistischen Behaviorismus. |
1924-1957 | Behaviorismus: Strömung der amerikanischen Psychologie, Ausprägung des Neopositivismus. Begründet durch John Broadus Watson und Albert Paul Weiss. Untersucht wird lediglich das menschliche Verhalten (wie das tierische) in seinem Ablauf und seiner Gesetzmäßigkeit. Antiquierte Seelenbegriffe inkl. Leib-Seele-Dualismus werden abgelehnt. Der Mensch wird als komplizierter Mechanismus angesehen, der auf Reize mit Reaktionen antwortet. Sprache ist ein System von Signalen mit Reizfunktionen. |