Es wurde vorausgesetzt, daß man jemandem eine Wegbeschreibung mindestens nach zwei verschiedenen Prinzipien erteilen kann:
Das Experiment sollte die Frage beantworten, nach welchem Bezugsrahmen Angehörige verschiedener Gemeinschaften sich praktisch und sprachlich orientieren. Da von den Tzeltal und den Niederländern schon vorher bekannt war, daß sie verschiedene Strategien der Raumorientierung und Raumkonstruktion verwenden, wurde mit ihnen das Experiment durchgeführt.
Es wurde ein großer, ebener, strukturloser Platz gewählt. Es wurden zwei Probanden A und B herangezogen, und B bekam die Augen verbunden. Dann wurde irgendwo auf dem Platz eine Flasche deponiert. A mußte am Rand des Platzes stehen bleiben und bekam die Aufgabe, B allein mit sprachlichen Mitteln zu instruieren, daß er zu der Flasche ginge und sie aufhöbe.
Die Niederländer verhielten sich nach folgendem Muster: A sagte zu B: “Mach eine Vierteldrehung nach rechts! Jetzt geh etwa 10 Schritte geradeaus! Stop! Jetzt dreh dich nach links! Jetzt noch zwei Schritte vorwärts! Stop! Bück dich, da liegt sie.”
Die Tzeltal dagegen verhielten sich nach folgendem Muster: A sagte zu B: “Mach eine Vierteldrehung nach Süden! Jetzt geh etwa 10 Schritte in diese Richtung! Stop! Jetzt dreh dich nach Osten! Jetzt noch zwei Schritte vorwärts! Stop! Bück dich, da liegt sie.”
Wie man sieht, orientierten sich die Niederländer im deiktischen, die Tzeltal dagegen im absoluten Bezugsrahmen, und zwar beide sowohl sprachlich als auch praktisch. Es versteht sich, daß sichergestellt wurde, daß die Augenbinde von B dicht war und daß die Tzeltal auch sonst auf keine Weise “schummeln” konnten. Es blieb hier nur der Schluß, daß die Tzeltal offenbar in jeder Lebenslage nach den Himmelsrichtungen orientiert sind.
Levinson, Stephen C. 1996, The role of language in everyday human navigation. Nijmegen: Max-Planck-Institut fur Psycholinguistik (Cognitive Anthropology Research Group, Working Paper No. 38).