Das – ohnehin nicht sehr umfangreiche – Werk Über die Sprache und Weisheit der Indier (Schlegel 1808) ist in drei “Bücher” gegliedert, die von der Sprache, der Philosophie und der Geschichte handeln. Hier interessiert nur das erste Buch, und dort besonders das Kap. 4, welches die Typologie enthält. Dort heißt es (S. 45):
Entweder werden die Nebenbestimmungen der Bedeutung durch innre Veränderungen des Wurzellauts angezeigt, durch Flexion, oder aber jedesmal durch ein eignes hinzugefügtes Wort, was schon an und für sich Mehrheit, Vergangenheit, ein zukünftiges Sollen oder andre Verhältnisbegriffe der Art bedeutet; und diese beiden einfachsten Fälle bezeichnen auch die Hauptgattungen aller Sprache. Alle übrigen Fälle sind bei näherer Ansicht nur Modifikationen und Nebenarten jener beiden Gattungen; daher dieser Gegensatz auch das ganze in Rücksicht auf die Mannigfaltigkeit der Wurzeln unermeßliche Gebiet der Sprache umfaßt und völlig erschöpft.
Damit setzt Schlegel die beiden Typen an, die später flektierend und isolierend genannt werden. Als typische Vertreter nennt er das Sanskrit bzw. das [Klassische] Chinesische. Die beiden Typen sind Extreme, zwischen denen ein Kontinuum besteht. Auf diesem liegen insbesondere die "anfügenden" (affigierenden), also die später so genannten agglutinierenden Sprachen; und zwar liegen sie näher am isolierenden Pol. Ferner liegen die später so genannten polysynthetischen Sprachen auf dem Kontinuum.
Die flektierenden Sprachen bilden nicht nur einen Sprachtyp, sondern auch eine genetische Familie, nämlich eben die mit dem Sanskrit verwandten, also die später so genannten indogermanischen Sprachen. Diese Familie kann nach Schlegel mit den anderen Sprachen der Welt keinen gemeinsamen Ursprung haben.
Mit dem letzten Satz des obigen Zitats beansprucht Schlegel holistischen Charakter für seine Typologie. Er sieht auch bereits diachronen Wandel auf dem Kontinuum vor. So entwickeln sich die anfügenden zu flektierenden Sprachen; und die letzteren bilden einen Subtyp heraus, den August Wilhelm Schlegel dann “analytisch” nennen wird.
Schließlich werden auch schon reichlich Bewertungen von Sprachen – und somit mindestens implizit von Sprachgemeinschaften – abgegeben. Einige "wandelten" von Anfang an "im Lichte der Besonnenheit", andere begannen "mit einem Zustande..., der wirklich an tierische Dummheit grenzte." (S. 66). Das Indische geht auf eine Ursprache zurück, "die sich ... durch philosophischen Fügsinn und ruhige Klarheit auszeichnet" (S. 69). Besonders die Indianersprachen sind gänzlich "verwahrlost".
Mit diesem Werk begründet Schlegel die Indologie, die Indogermanistik und die Sprachtypologie.