Die Relationen, die zwischen sprachlichen Einheiten bestehen, sind entweder paradigmatische oder syntagmatische Relationen. Das ist auch auf Begriffe übertragbar, insoweit sie, in Form von Prädikaten, in komplexe Ausdrücke eingehen. Z.B. ist die Relation zwischen einem Quantor und dem Ausdruck, den er quantifiziert, eine syntagmatische Relation. Die Relation zwischen einem Begriff und seinem Oberbegriff ist eine paradigmatische Relation. In Kap. 4 hatten wir von syntagmatischen Relationen von Begriffen gehandelt. Im folgenden wird von paradigmatischen Relationen zwischen Begriffen und analogen Relationen zwischen den sie bezeichnenden Termini und den davon bezeichneten Gegenständen die Rede sein. Ich nenne sie alle zusammen terminologische Relationen. Das vorliegende Kapitel basiert auf Lehmann 1996.
Auf allen Wissensgebieten gibt es große Mengen von Begriffen, die einen Gegenstandsbereich erschließen. Beispiele sind Kataloge und Lagerhaltung in technischen Bereichen, die Bestandserschließung in einer Bibliothek oder ein terminologisches Wörterbuch einer Disziplin. In allen solchen Fällen ist es nötig, die Menge der Begriffe zu ordnen und zu systematisieren, weil andernfalls Menschen, die innerhalb des Bereichs praktische Entscheidungen zu fällen haben, etwa in der Frage, wohin ein Buch zu stellen ist oder ob eine Schraube eher mit der Mutter des passenden Gewindes oder eher mit der Schraube des nächstgrößeren Formats zusammenzusortieren ist, sich nicht konsistent entscheiden können.
Es geht also um paradigmatische Relationen zwischen Begriffen und zwischen den von ihnen bezeichneten Gegenständen. Diese Relationen sind erstens grundsätzlich ganz verschiedener Natur und variieren zweitens noch im Detail je nach dem Wissensgebiet. Ich exemplifiziere die Problematik im folgenden aus der Linguistik und gebe für jede Relation an, ob sie allgemein oder nur gerade für die Linguistik gilt.
Terminologische Wörterbücher sind so strukturiert, daß von einem gegebenen Eintrag aus auf inhaltlich benachbarte verwiesen wird. Z.B. findet sich in einem linguistischen terminologischen Wörterbuch am Ende eines Artikels über Morphologie ein Verweis auf Grammatik. Ist die Terminologie in Form einer Datenbank angelegt, so wie es nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der technischen Lagerhaltung oder im Bibliothekswesen angebracht und üblich ist, dann muß das Verweiswesen konsistent sein. Damit das gelingt, muß die dem Verweis zugrundeliegende Relation inhaltlich identifiziert sein. Im vorliegenden Falle lautet die relevante Relation z.B. ‘Morphologie ist Teil von Grammatik’.
Termini sind Bezeichnungen von Begriffen. In einem wissenschaftlichen terminologischen Wörterbuch stehen auch Schlagwörter wie Tagmemik, Bloomfield und 'haben', die keine Appellativa und daher im wissenschaftstheoretischen Sinne keine Termini sind (vgl. Kamlah & Lorenzen 1967, Kap. III). Sogar Adjektive wie generativ und endozentrisch können Schlagwörter sein. Wir sehen später noch, wie sie an die Terminologie angebunden werden können.
Schließlich setzt die Einrichtung des terminologischen Systems wie die eines jeglichen Lexikons eine Grundsatzentscheidung über die Behandlung von Polysemie und Homonymie voraus. Viel spräche dafür, der üblichen Konvention zu folgen: Homonyme konstituieren eigene Einträge, deren Lemmata mit Indizes auseinandergehalten werden, also etwa Konjunktion1 "Bindewort", Konjunktion2 "Koordination durch 'und'". Ein polysemer Terminus wie Koordination (Relation oder Operation) erhält dagegen einen einzigen Eintrag, innerhalb dessen man die Bedeutungsstruktur systematisch zu behandeln versucht. Wir werden jedoch unten sehen, daß die Konsistenz des Relationennetzes es erfordern kann, Polyseme wie dieses aufzuspalten, also formal den Homonymen gleichzustellen.
Die kontrollierte Verwendung der Relationen erfordert, daß sie so weit wie möglich inhaltlich und formal charakterisiert werden. Ich tue das im folgenden auf zwei Weisen. Erstens gebe ich, wo möglich und nötig, Eigenschaften der Terme an, die im Vorbereich und Nachbereich der Relation auftreten können; linguistisch gesprochen, charakterisiere ich ihre Selektionsrestriktionen. Zweitens setze ich die formalen Eigenschaften der Relationen selbst fest.
Innerhalb einer gegebenen Terminologie rechnen wir mit einer geschlossenen Menge von Relationen, die genau gegeneinander abgegrenzt sind. Wir setzen dazu für alle Relationen in der Menge der linguistischen Termini Exklusivität in folgendem Sinne fest:
Gegeben ein Paar von Termini a und b, so schließt das Bestehen von aRb jegliche Relation aSb, wo S ≠ R, aus.
Oder, formaler ausgedrückt:
Zwei beliebige Relationen R ≠ S liegen im Komplement voneinander (vgl. Menne 1973:110, Wall 1973:175).
Wir werden im folgenden noch sehen, daß in der Praxis durchaus Fälle auftreten, die dem zuwiderlaufen können. Sie beruhen entweder auf Unklarheit der beteiligten Begriffe (vgl. unten) oder auf Polysemie von a oder b (vgl. unten). Polysemie von b liegt z.B. in dem Fall vor, daß Wortstellung sowohl Teil von Syntax als auch Gegenstand von Syntax ist. Hier kann man der Stipulation der Exklusivität einer Relation nur dadurch nachkommen, daß man den polysemen Terminus aufspaltet, in diesem Falle z.B. in Syntax (Komponente des Sprachsystems) und Syntax (linguistische Disziplin).
Terminologische Relationen werden wesentlich durch ihre logischen Eigenschaften bestimmt. Ich beschränke mich im folgenden auf die Eigenschaften der Eindeutigkeit, Reflexivität, Symmetrie, Katenativität und Transitivität. Ihre Definitionen können informell wie folgt wiedergegeben werden (vgl. Menne 1973:110-116, Wall 1973:176-183):
Eigenschaft | Definition | Beispiel | Gegenbeispiel | |
Eindeutigkeit | R ist eindeutig hinsichtlich y: | Gegeben ein beliebiges x, so gibt es genau ein y derart, daß xRy. | y ist Mutter von x | x ist Mutter von y. |
Reflexivität | R ist reflexiv: | Gegeben xRy, dann gilt auch xRx. | x ist y ähnlich | x ist größer als y |
Symmetrie | R ist symmetrisch: | Gegeben xRy, dann gilt auch yRx. | x ist Geschwister von y | x ist Sohn von y |
Katenativität | R ist katenativ: | Gegeben x R y, so gibt es mindestens ein z ≠ x derart, daß yRz. | x ist Sohn von y | x ist mit y verheiratet |
Transitivität | R ist transitiv: | Gegeben xRy und yRz, dann gilt xRz. | x ist Nachkomme von y | x ist Mutter von y |
Zur Eindeutigkeit ist folgendes zu ergänzen: Die Definition der Eindeutigkeit einer Relation hinsichtlich x verläuft analog zur Eindeutigkeit hinsichtlich y. Eine nicht-eindeutige Relation ist mehrdeutig. Die Eindeutigkeit einer Relation in der einen Richtung ist unabhängig von ihrer Eindeutigkeit in der anderen Richtung. In diesem Sinne sind Relationen ein-eindeutig, ein-mehrdeutig, mehr-eindeutig oder mehr-mehrdeutig.
Von den angeführten Eigenschaften ist lediglich die Katenativität nicht Bestandteil der traditionellen Elemente von Logik und Mengentheorie, sondern wird hier eingeführt.5 Sie leistet ähnliche Dienste wie die Transitivität; diese setzt Katenativität voraus, ist jedoch stärker als sie. Wir werden sehen, daß Katenativität die Menge der terminologischen Relationen spaltet in eine Teilmenge, die für den Aufbau eines Netzes fruchtbar ist, und eine komplementäre Menge, die dafür unfruchtbar ist. Nicht-katenative Relationen sind unfruchtbar für den Aufbau eines Netzes, da sie von einem Terminus, auf den sie verweisen, niemals in derselben Weise weiterverweisen.
Eine transitive Relation hingegen leistet den größten Beitrag zum Aufbau des Netzes. Eine Relation, die in einem in §5 zu klärenden Sinne unterordnend und zudem transitiv ist, ist insoweit hierarchiebildend, als das terminologische Netz durch sie streckenweise den Charakter einer Hierarchie bekommt.
Terminologische Relationen sind Elemente einer konstruierten Systematik. Ihre logischen Eigenschaften sind daher nicht von vornherein gegeben, sondern werden festgesetzt. Dies geschieht einerseits unter Berücksichtigung der üblichen Verwendung der betreffenden Ausdrücke, andererseits aber auch im Hinblick auf die erwünschte Funktionsweise des terminologischen Systems. Z.B. ist es im allgemeinen nicht sinnvoll, für terminologische Relationen Reflexivität zuzulassen. Das terminologische Netzwerk dient ja einem praktischen Zweck. Es begründet ein Verweissystem, das dem Benutzer die Orientierung und Informationsgewinnung erleichtern soll. Dafür wäre es nicht hilfreich, wenn ein Terminus auf sich selbst verwiese. Auch die automatische Pflege des Systems durch einen Algorithmus, der seine Konsistenz überprüft, wäre dann erschwert. Wir setzen daher für alle terminologischen Relationen fest, daß sie irreflexiv sind. Das betrifft z.B. gleich die erste jetzt zu behandelnde Relation, die ist-ein-Relation, die normalerweise als reflexiv behandelt wird.1
Die Relation ‘x ist ein y’ besteht z.B. in den folgenden Paaren.
ist ein | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Linguistik | Humanwissenschaft |
grammatische Kategorie | sprachliche Kategorie |
Frage | Sprechakt |
Sie ist die elementarste terminologische Relation, aus der Lexikologie als Hyponymie bekannt. Zu ihrer inhaltlichen Charakterisierung kann man sich höchstens auf die Mengentheorie beziehen und sagen, daß die Menge der x eine Teilmenge der Menge der y ist. Es können allerdings Termini wie Linguistik als Vorgänger auftreten, die üblicherweise nicht-pluralisierbare Objekte denotieren. In dem Falle ist x ein Element der Menge der y.
Da die Relation ‘x ist ein y’ rein formal ist, stellt sie keine besonderen Bedingungen an ihre Glieder. Insbesondere kann auch für den Nachfolger ein Begriff stehen, der normalerweise nicht pluralisierbar ist, wie in folgenden Beispielen.
ist ein | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
generative Phonologie | Phonologie |
Allomorphie | sprachliche Variation |
amerikanischer Strukturalismus | Strukturalismus |
In diesem Falle wird die umgangssprachliche Umschreibung der Relation häufig eher x ist eine Art/Ausprägung (von) y lauten. Hier berührt sich die ist-ein-Relation mit der Teil-Ganzes-Relation, worauf unten zurückzukommen sein wird.
Ein Sonderfall der ist-ein-Relation ist das Verhältnis des Werts zum Parameter. In diversen formalen Beschreibungsmodellen werden grammatische Kategorien wie Numerus aufgefaßt als Parameter und ihre Ausprägungen wie Singular, Plural, Dual als dessen Werte. Solche Beispiele sind zwanglos unter die ist-ein-Relation subsumierbar. Allerdings gibt es auch Parameter wie Aspekt mit Werten wie perfektiv, imperfektiv. Solche adjektivischen Werte müssen zuerst durch Zugabe eines Bezugsnomens - normalerweise der Bezeichnung des Parameters selbst - substantiviert werden. Sodann erhält man Verhältnisse wie 'perfektiver Aspekt ist ein Aspekt'. Werden die Termini solchermaßen präzise gefaßt, dürfte sich das Parameter-Werte-Modell insgesamt als ein Fall im Rahmen der ist-ein-Relation auffassen lassen.2
Die Relation ‘x ist ein y’ hat folgende logische Eigenschaften:
mehrmehrdeutig, asymmetrisch, katenativ, transitiv.
Zunächst zur Mehrdeutigkeit der ist-ein-Relation. Einem gegebenen Terminus sind normalerweise mehrere Hyponyme zugeordnet, wie die folgende Tabelle illustriert.
ist ein | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Nominativ Akkusativ Dativ ... | grammatischer Kasus |
Präfix Suffix Infix Zirkumfix ... | Affix |
phonologisches Merkmal Phonem Silbe phonologisches Wort ... |
phonologische Einheit |
generative Transformationsgrammatik Dependenzgrammatik Funktionale Grammatik ... |
linguistisches Modell |
Diese Eigenschaft der Relation würde, für sich genommen, zu einem hierarchischen Baum führen. Aber es gibt auch den umgekehrten Fall, daß ein gegebener Terminus mehrere Hyperonyme hat. Hier einige Beispiele:
ist ein | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Adverbialsatz | Adverbial Nebensatz |
denominale Verbderivation | denominale Derivation verbale Derivation |
klitisches Pronomen | Pronomen Klitikum |
In solchen Fällen, von denen übrigens jeder für ein ganzes Paradigma gleichartiger Fälle steht, entsteht eine komplexe Subkategorie dadurch, daß man zwei prinzipiell voneinander unabhängige Kategorien kreuzt. Hier liegt also die mehrfache Hyperonymie im Verfahren der Begriffsbildung selbst begründet.
Immer noch ähnlich gelagert sind folgende Fälle:
ist ein | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Adposition | Partikel Relator |
Paraphrase | paradigmatische Relation semantische Relation |
Metapher | semantische Relation Redefigur |
Hier ist der zuzuordnende Begriff zwar nicht zusammengesetzt, aber er ist in mehr als einer Hinsicht zu klassifizieren. Je nach der gewählten Hinsicht fällt er in die eine oder die andere Kategorie.
Anders einzuschätzen sind dagegen die im folgenden dargestellten Fälle.
ist ein | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Nominalisierung | nominale Derivation syntaktischer Prozeß |
Ergativ | grammatischer Kasus syntaktische Relation |
Subordination Koordination Determination Modifikation |
syntaktische Relation syntaktische Operation |
Nominalisierung kann sowohl zu Nomina als auch zu Nominalsyntagmen führen. Termini wie Ergativ, Absolutiv oder Benefaktiv werden ziemlich systematisch zweideutig gebraucht, nämlich sowohl für eine Relation als auch für das Morphem, das sie markiert. Ebenfalls systematisch polysem sind die zuletzt aufgeführten untergeordneten Termini, die sowohl eine Relation als auch die Operation, die die Relation zustandebringt, bezeichnen können. Die vorige Tabelle illustriert gleichzeitig die Mehr-Mehrdeutigkeit der ist-ein-Relation.
Im Unterschied zu den zuvor präsentierten Beispielen beruht die mehrfache Hyperonymie hier also auf Polysemie des zu klassifizierenden Terminus. Die Alternative zur Lösung des Problems lautet also: Entweder reiße die Lesungen eines polysemen Eintrags auseinander und behandle sie den Homonymen gleich; oder akzeptiere die Mehrfachzuordnungen in der vorigen Tabelle.
Die Transitivität der Hyponymie ermöglicht es, eine terminologische Hierarchie auf ihr aufzubauen. Wenn man z.B. vom Terminus Allativ ausgehend die Kette der ist-ein-Relationen in Richtung auf die Hyperonyme verfolgt, erhält man den unten dargestellten Ast des hierarchischen Baums. Hier und im folgenden stehen die Hierarchien nach der Art von Bäumen, d.h. die allgemeinen Begriffe befinden sich unten, die spezifischen oben. Die Relationen sind also von oben nach unten zu lesen: Allativ ist ein Lokalkasus ist ein Kasus ....
Allativ |
Lokalkasus |
Kasus |
nominale Kategorie |
grammatische Kategorie |
sprachliche Kategorie |
Kategorie |
Die gesamte auf der Hyponymie begründete terminologische Hierarchie heißt Taxonomie. Vom Standpunkt der Logik wäre es wünschenswert, daß ein jeder Terminus des Systems in die Taxonomie einbezogen wäre. Davon wäre naturgemäß nur die Wurzel der Hierarchie ausgenommen, also vielleicht der Terminus Entität. Dies stößt jedoch auf verschiedene Schwierigkeiten. Zunächst gibt es eine ganze Reihe von Schlagwörtern, die man ins terminologische Netz einbauen möchte, die jedoch nicht zwanglos Hyponyme zu Entität sind. Es gibt sehr viele linguistische Termini wie Adäquatheit und Akzeptabilität, die Eigenschaften von linguistischen Gegenständen bezeichnen und keinen anderen Oberbegriff haben als eben Eigenschaft. In diesem Bereich wäre die Taxonomie daher sehr flach und von keinem praktischen Interesse. Schließlich gibt es auch viele wissenschaftliche Begriffe, zu denen man zwar ein Hyperonym bilden kann, das aber selbst kein wissenschaftlicher Begriff ist. Das gilt etwa für Wörter wie Algorithmus, Definition, Dokumentation und sogar einige linguistische Fachtermini wie indirekte Rede. Während also die Taxonomie zweifellos das Rückgrat des terminologischen Netzes ist, reicht sie für seine Konstitution nicht aus.
Die Relation der Klassenkonstitution besteht z.B. in folgenden Paaren:
ist Klasse von | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Wortart | Wort |
Phonemklasse | Phonem |
Nominalklasse | Substantiv |
Textsorte | Text |
In einer Wissenschaft gibt es Begriffe von Gegenständen (etwa Wort), die in Klassen eingeteilt werden können. Während jede einzelne dieser Klassen ihren je eigenen besonderen Begriff hat (z.B. Adjektiv, Substantiv ...), wird der allgemeine Begriff für eine solche Art von Klasse (hier Wortart) gewöhnlich nach dem Ausgangsbegriff (eben Wort) benannt. Der Zweck der Relation der Klassenkonstitution ist es, solche Klassenbegriffe in das Netzwerk einzubinden.
Die Bedingung der Anwendung dieser Relation auf ein Paar x und y ergibt sich aus ihrer Definition. Der Nachfolger muß einen Begriff bezeichnen derart, daß die von ihm denotierten Gegenstände in verschiedene Klassen fallen. Der Vorgänger bezeichnet dann jede dieser Klassen.
Die Relation ‘x ist eine Klasse von y’ hat folgende logische Eigenschaften:
eindeutig, asymmetrisch, nicht katenativ, intransitiv.
Die ist-ein-Relation für Klassenbegriffe besteht z.B. in folgenden Paaren.
als Klasse ist ein | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Adjektiv | Wortart |
Nasal | Phonemklasse |
belebtes Substantiv | Nominalklasse |
Auf den ersten Blick könnte es scheinen, als seien diese Paare durch die einfache ist-ein-Relation verbunden. Wir sagen ja etwa “Adjektiv ist eine Wortart”, “Prozeßverb ist eine Verbklasse” usw. Doch eine solche Redeweise ist ungenau. Sie treibt uns in den Widerspruch, daß Adjektiv sowohl ein Wort als auch eine Wortart ist. Diesen Widerspruch beseitigt man dadurch, daß man zwischen dem Adjektiv qua Individuum und der Klasse der Adjektive unterscheidet. Das erstere ist ein Wort, die letztere jedoch eine Wortart.3
Die Bedingungen der Anwendung dieser Relation auf ein Paar x und y sind die folgenden: x muß einen Klassenbegriff (z.B. Adjektiv) bezeichnen, d.h. einen solchen, dessen Extension eine Klasse von Elementen ist, neben der andere, gleichartige Klassen (wie Verb) stehen. Ferner muß ein z gegeben sein, für welches gilt: x ist ein z (hier: Wort). Dann ist y der Terminus, welcher bedeutet "Klasse von z" (also Wortart).
Die Relation ‘die Klasse der x ist ein y’ hat folgende logische Eigenschaften:
mehr-eindeutig, asymmetrisch, nicht katenativ, intransitiv.
Sie trägt also nichts zur Begründung einer Hierarchie bei. Sie interagiert jedoch in der angedeuteten Weise regelhaft mit den zuvor genannten Relationen. Es gilt nämlich gemäß dem zuvor Gesagten:
die Klasse der x ist ein y & y ist eine Klasse von z ↔ x ist ein z
So ergibt sich z.B. das im folgenden dargestellte – von oben nach unten zu lesende – Netzsegment.
Das Beispiel zeigt, wie die beiden Relationen ‘die Klasse der x ist ein y’ und ‘x ist eine Klasse von y’ einander ergänzen, um Klassenbegriffe in das Netz einzufügen und insbesondere an die Taxonomie anzuschließen.
Die Teil-Ganzes-Relation besteht z.B. in folgenden Paaren:
ist Teil von | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Significans | sprachliches Zeichen |
Anredeverhalten | soziale Interaktion |
Aufmerksamkeit | Bewußtsein |
Die Teil-Ganzes-Relation besteht nicht zwischen Begriffen, sondern zwischen Gegenständen. Sie stellt überhaupt keine Bedingungen an ihre Glieder. Sie kann deshalb nicht intensional begründet werden und hat auch eine Reihe von Varianten. Man kann z.B. unterscheiden zwischen einer paradigmatischen und einer syntagmatischen Variante der Relation, also zwischen dem Teil eines Paradigmas, wie hier:
ist Teil von | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Konsonant | Konsonantensystem |
Alphabet | Schriftsystem |
Kasus | Deklination |
und dem Teil eines Syntagmas, wie hier:
ist Teil von | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Adverb | Adverbial |
Attribut | Nominal |
Stamm | Wortform |
Während diese Unterteilung bei sprachlichen Einheiten i.a. leicht fällt, ist es nicht möglich, sie in allen Fällen durchzuführen. Z.B. sind Significans und Significatum Teile des Sprachzeichens, aber weder syntagmatische noch paradigmatische. Erst recht problematisch würde eine solche Unterscheidung auf höheren Abstraktionsebenen, etwa bei Glossematik als Teil des europäischen Strukturalismus.
Die Teil-Ganzes-Relation ist besonders wichtig bei der Strukturierung von Gegenstandsbereichen und wissenschaftlichen Disziplinen, denn sie dient dazu, einen Gegenstand wie etwa Entlehnung einem Bereich wie Sprachkontakt zuzuweisen, und ebenso eine Forschungsaktivität wie Diskursanalyse als Subdisziplin der Disziplin Textlinguistik.
Die Teil-Ganzes-Relation ist nicht auf die Relation eines Elements zur Menge oder einer Teilmenge zur Gesamtmenge reduzierbar. Wir sahen vielmehr in §3.1, daß diese beiden Konzepte am ehesten die ist-ein-Relation charakterisieren können.
Die gegebenen Beispiele machen schon klar, daß die Zuordnungen von Teilen zu Ganzen in beiden Richtungen nicht eindeutig sind. Die Teil-Ganzes-Relation hat nämlich folgende logische Eigenschaften:
mehr-mehrdeutig, asymmetrisch, katenativ, transitiv.
Das sind ganz dieselben Eigenschaften wie bei der ist-ein-Relation. Wir finden z.B. die folgenden Mehrfachzuordnungen.
ist Teil von | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Morphologie Syntax |
Grammatik |
Fragebogen Datensammlung Analyse |
Methodik |
Etymologie | Lexikologie historische Sprachwissenschaft |
Ethnosemantik | Ethnolinguistik Semantik |
Ganz wie bei der ist-ein-Relation trägt auch hier die Subsumption mehrerer Teile zu einem Ganzen zum Aufbau eines hierarchischen Baumes bei. Die Zuordnung eines Terminus zu mehr als einem umfassenden Ganzen ist wiederum von diesem Standpunkt aus mißlich. Die angeführten Fälle stellen jedoch keine Ausnahmen dar, die wegzuanalysieren sich lohnen könnte. Vielmehr entstehen wissenschaftliche Objekte oder Subdisziplinen und ihnen zugeordnete Disziplinen systematisch dadurch, daß voneinander unabhängige Gesichtspunkte miteinander gekreuzt werden.
Die Transitivität der Teil-Ganzes-Relation ermöglicht es ebenso wie im Falle der ist-ein-Relation, eine Hierarchie aufzubauen. Eine auf dieser Relation aufgebaute Hierarchie heißt Meronymie (korrekter, aber rezessiv auch Mereonymie). Geht man z.B. vom Terminus Kasus aus, so erhält man den hier dargestellten Zweig der Meronymie.
Kasus |
Deklination |
Flexion |
Morphologie |
Grammatik |
Sprachsystem |
Taxonomie und Meronymie bestehen in einer Terminologie nebeneinander. Es gibt aber Querbeziehungen, wie ein Vergleich dieses Ausschnitts der Meronymie mit dem obigen Ausschnitt der Taxonomie zeigt. Je systematischer die terminologische Hierarchie ist, desto häufiger wird folgender Fall eintreten:
Gegeben einen Terminus x0 und die geordnete Menge seiner Hyperonyme x1 ... xn sowie die geordnete Menge der ihn einschließenden Ganzen y1 ... yn. Dann ist, für jedes i zwischen 0 und n, xi Teil von yi+1.
Das folgende Schaubild verdeutlicht dies an einem Beispiel.
Zwischen der Taxonomie in der linken und der Meronymie in der rechten Spalte des Schaubilds bestehen Querverbindungen derart, daß ein Element auf einer gegebenen Stufe der Taxonomie Teil von einem Element auf der nächstfolgenden Stufe der Meronymie ist. So ist etwa grammatische Kategorie Teil von Grammatik (in dem Sinn von Grammatik, wo das Wort nicht eine Lehre, sondern deren Objekt bezeichnet). Das funktioniert natürlich nur in Bereichen, wo Taxonomie und Meronymie dermaßen parallel aufgebaut sind.
Bei nicht-pluralisierbaren Relata sind die Ist-Ein-Relation und die Teil-Ganzes-Relation nicht immer leicht zu unterscheiden:
ist ein ist Teil von | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Kulturgeschichte | Geschichte |
kontrastive Phonologie | Phonologie |
Eine solche mehrfache Beziehung ist durch die obige Forderung nach Exklusivität ausgeschlossen. Die Lösung des Problems setzt aber eine noch nicht geleistete Analyse voraus.
Eine wissenschaftliche Terminologie enthält eine Fülle abstrakter Begriffe, die Eigenschaften von wissenschaftlichen Gegenständen bezeichnen. Sie werden vor allem durch die Aspekt-von-Relation angebunden, die z.B. in folgenden Paaren besteht.
ist Aspekt/Eigenschaft von | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
nominale Kategorie | Substantiv |
Adäquatheit | Theorie |
Endozentrizität | Syntagma |
Arbitrarietät | sprachliches Zeichen |
Komplexität | Struktur |
Struktur | System |
Sprachsystem | Sprache |
Der Schrägstrich im Namen der Relation weist bereits darauf hin, daß die Relation nicht wohl definiert ist. Die beiden Namen der Relation passen auch durchaus nicht in allen Fällen gleich gut. Z.B. ist Endozentrizität klärlich eine Eigenschaft eines Syntagmas; aber das Sprachsystem ist ein Aspekt, nicht eine Eigenschaft der Sprache. Ferner muß klar sein, daß es sich nicht (notwendig) um konstitutive Eigenschaften des übergeordneten Begriffs handelt:
Die Bedingung der Anwendung der Aspekt-Relation ist lediglich, daß ihr Vorgänger überhaupt so etwas wie eine Eigenschaft bezeichnet. In den klarsten Fällen ist der Vorgänger ein deadjektivisches Abstraktum derart, daß das Basisadjektiv dem Nachfolger unmittelbar als Prädikat eines Kopulasatzes zugeschrieben werden kann; z.B. 'ein Syntagma ist (potentiell) endozentrisch'. In allen anders gelagerten Fällen ist das Bestehen der Relation kritisch zu prüfen. Wie schon zuvor gesagt, könnten im Prinzip alle durch sie angeschlossenen Termini außerdem taxonomisch einem Terminus Eigenschaft untergeordnet sein.
Die Relation ‘x ist Aspekt/Eigenschaft von y’ hat folgende logische Eigenschaften:
mehr-mehrdeutig, asymmetrisch, katenativ, intransitiv.
Es mag zunächst überraschen, daß die Relation katenativ ist. Dies beruht einfach darauf, daß Eigenschaften Eigenschaften haben können. Jedoch spielt die Katenativität der Relation nur eine geringe Rolle. Die Kette endet immer dann, wenn der Nachfolger dieser Relation kein Eigenschaftsbegriff ist. Das ist aber überwiegend der Fall.
Die Relation ‘x markiert y’ besteht z.B. in folgenden Paaren:
markiert | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Fokuspartikel | Fokus |
Wortstellung Intonation | funktionelle Satzperspektive |
complementizer | Satztyp |
Kasus | syntaktische Funktion |
Akkusativ | direktes Objekt |
In dieser Relation bezeichnet x ein Element als Mitglied einer bestimmten grammatischen Kategorie und y bezeichnet eine dieser zugeordnete grammatische Relation oder Funktion. Dabei setzt x typischerweise y nicht exhaustiv um, sondern ist nur eine der Spuren, die y im Ausdruck hinterläßt. Dies ist klärlich eine Relation, die für den Gegenstand der Linguistik charakteristisch ist und sich in anderen Bereichen womöglich nicht findet.
Die Relation ‘x markiert y’ hat folgende logische Eigenschaften:
mehr-eindeutig, asymmetrisch, nicht-katenativ, intransitiv.
Die Gegenstand-von-Relation besteht z.B. in folgenden Paaren.
ist Gegenstand von | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Agglutination | morphologische Typologie |
Aphasie | Sprachpathologie |
Bedeutung | Semantik |
Begriff | Begriffsgeschichte |
Diese Relation liegt vor, wenn der Vorgänger ein Ausschnitt des Objektbereichs ist, der Nachfolger jedoch ein Bestandteil der Wissenschaft. Es handelt sich also um eine "Meta"-Beziehung, mithin um eine Relation von anderer logischer Natur als die anderen terminologischen Relationen. Verschiedene Ausprägungen der Relation ergeben sich je nachdem, ob der Nachfolger eine wissenschaftliche Disziplin, eine Theorie oder ein Modell bzw. eine wissenschaftliche Strömung bezeichnet. Diese Alternativen verändern jedoch die Identität der Relation kaum.
Die Relation ‘x ist Gegenstand von y’ hat folgende logische Eigenschaften:
mehr-mehrdeutig, asymmetrisch, katenativ, intransitiv.
Die Mehrdeutigkeit der Gegenstand-von-Relation zeigt sich in folgender Tabelle.
ist Gegenstand von | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
lexikalischer Wandel | historische Sprachwissenschaft |
Lexikologie | |
Lexikon | |
funktionelle Satzperspektive | Syntax Semantik Pragmatik |
Das in §6 erläuterte Ökonomieprinzip verlangt, daß a und b nur dann beide Gegenstand von c sein können, wenn zwischen a und b keine Unterordnungsrelation auf Objektebene besteht. Diese letztere hätte dann immer den Vorrang. So ist etwa Denken Gegenstand von Logik. Begriff dagegen steht nicht unmittelbar in dieser Relation zu Logik, weil es dem Denken untergeordnet ist.
In einer großen Gruppe von Fällen ist eine zwischen zwei Termini bestehende Beziehung nicht exklusiv in der Weise, daß sie entweder als die Teil-Ganzes-Relation oder als die Gegenstand-von-Relation interpretiert werden kann. Die Tabelle zeigt ein paar Beispiele:
ist Teil von ist Gegenstand von | |
untergordnetes Glied | übergeordnetes Glied |
Wortstellung | Syntax |
Lautsystem | Phonologie |
Termini wie Syntax und Phonologie zählen zu einer Gruppe systematisch zweideutiger Termini, die entweder Ausschnitte des Objektbereichs oder diesen zugeordnete Subdisziplinen bezeichnen. Ein Terminus, der einen jeweils inkludierten Teil des Objektbereichs bezeichnet, hat dann folgerichtig im ersten Falle die Teil-Ganzes-Relation, im zweiten jedoch die Gegenstand-von-Relation zu einem derart zweideutigen Terminus.
Wenn wir derart zweideutige Termini aufspalten, also etwa in Syntax1 und Syntax2, ergeben sich Verhältnisse wie die folgenden:
erstes Glied | Relation | übergeordnetes Glied |
Wortstellung | ist Teil von | Syntax1 |
Syntax1 | ist Teil von ist Gegenstand von | Grammatik1 Syntax2 |
Grammatik1 | ist Teil von ist Gegenstand von | Sprachsystem Grammatik2 |
Sprachsystem | ist Gegenstand von | Sprachbeschreibung |
Grammatik2 | ist Teil von | Sprachbeschreibung |
Diese Differenzierung scheint unproblematisch. Und andererseits spricht nichts für die logisch mögliche Alternative, nämlich die Fusion der Relationen ‘x ist Teil von y’ und ‘x ist Gegenstand von y’.
Ferner ist die Katenativität der Gegenstand-von-Relation zu kommentieren. Metabeziehungen sind bekanntlich in einem theoretisch infiniten Regress schachtelbar. Tatsächlich kommt eine solche Schachtelung in unserem terminologischen Netz auch vor, nämlich die Kette ‘Sprache ist Gegenstand von Linguistik ist Gegenstand von Wissenschaftstheorie’.4 Insofern leistet diese Relation einen kleinen Beitrag zum Aufbau einer Hierarchie. Transitivität dagegen braucht man für diese Relation nicht zuzulassen. Denn zwar ist schlechthin alles möglicher Gegenstand menschlicher Reflexion, aber wohl kaum aufgrund der Transitivität der Gegenstand-von-Relation.
Das terminologische Netz ist zwar, wie gesagt, keine Hierarchie; aber Schleifen im Netz sollten nichtsdestoweniger vermieden werden. Tatsächlich kommt durch die Gegenstand-von-Relation Zirkularität ins Netz, weil eine Wissenschaft Gegenstand einer anderen sein kann, z.B. wie folgt:
Philosophie ist Gegenstand von Geschichte der Philosophie ist Teil von Wissenschaftsgeschichte ist Teil von Geschichte ist Gegenstand von Geschichtsphilosophie ist Teil von Philosophie.
Für eine bestimmte Disziplin und ihren Gegenstandsbereich, in diesem Falle die Linguistik, werden noch besondere Relationen gebraucht, um Zusammenhänge zwischen Termini herzustellen. Z.B. ist keine der bisher eingeführten Relationen geeignet, um die Termini ‘Operation - Operator - Operand’ in Beziehung zu setzen. Ferner wird eine Relation benötigt, um Personen (z.B. Wissenschaftler) in das terminologische Netz einzubinden. Das kann z.B. geschehen durch ‘x ist Vertreter von y’, wie in ‘Skinner ist Vertreter von Behaviorismus’.
Die Querverweisrelationen haben im terminologischen System einen ganz anderen Status als die unterordnenden Relationen. Im folgenden wird nur eine davon besprochen.
Die hängt-zusammen-Relation besteht z.B. in folgenden Paaren:
hängt zusammen mit | |
erstes Glied | zweites Glied |
Adäquatheit | Natürlichkeit |
Adjektiv | Attribut |
Bedeutung | Information |
Denken | Gehirn |
Rhetorik | Grammatik |
Innatismus | Spracherwerb |
Es bestehen keinerlei Bedingungen über die Art der so in Beziehung zu setzenden Termini. Stattdessen wird ihre Anwendung durch den Zustand des übrigen Netzes beschränkt. Denn wenn zwei Termini durch eine der zuvor besprochenen Relationen gemeinsam einem dritten untergeordnet sind, so ergibt sich ihre Nebenordnung auf systematische Weise (s.u.). Hierzu wird also keine zusätzliche Relation benötigt. Die Relation ‘x hängt mit y zusammen’ ist daher für solche Fälle reserviert, die de facto unmittelbar aufeinander bezogen sind, ohne daß dies jedoch aus der übrigen Relationenhierarchie ableitbar wäre. Die Instantiierungen dieser Relation sind also unter dem Gesichtspunkt des systematischen Aufbaus des Netzes ad hoc. Zum Teil entstehen sie durch Zufälle in der Geschichte der Sprachwissenschaft, wie etwa die Relation zwischen Grammatik und Rhetorik. Zum Teil sind sie durchaus wissenschaftssystematischer Natur, sind jedoch, weil in der Linguistik zu marginal, in der Menge der bisher eingeführten Relationen nicht vorgesehen, wie etwa die Relation zwischen Denken und Gehirn.
Die Relation ‘x hängt mit y zusammen’ hat folgende logische Eigenschaften:
mehr-mehrdeutig, symmetrisch, katenativ, intransitiv.
Die Relation könnte im Prinzip durchaus transitiv sein. Ihre Intransitivität wird hier aus praktischen Erwägungen festgesetzt. Denn da sie nicht inhaltlich festgelegt ist, kann nicht garantiert werden, daß eine durch Assoziation von mehreren hängt-zusammen-Relationen hergestellte Beziehung im Hinblick auf den tatsächlichen Gebrauch der Termini irgendeinen Sinn macht.
Diese Relation hat sich zwar in zahlreichen Fällen als notwendig und nützlich erwiesen. Sie ist dennoch immer nur faute de mieux anzuwenden. In einem vollständig logisch strukturierten Begriffssystem wäre sie überflüssig.
Im Vorangegangenen war an mehreren Stellen auf die systematische Interaktion von Relationen miteinander aufmerksam zu machen. Oben war zu sehen, wie die Relationen ‘die Klasse der x ist ein y’ und ‘x ist eine Klasse von y’ regelmäßig miteinander und mit ‘x ist ein y’ zusammenhängen. Anhand eines anderen Schaubilds wurde der systematische Zusammenhang der beiden grundlegenden unterordnenden Relationen, der ist-ein-Relation und der Teil-von-Relation, aufgezeigt. Diese beiden bilden überhaupt das Rückgrat des Systems. Durch die taxonomische und die meronymische Hierarchie entstehen weitgehende Analogien im terminologischen Netz und vererben sich auch andere Relationen nach oben weiter. Dies sei am Beispiel der Relationen ‘x markiert y’ und ‘x ist Gegenstand von y’ veranschaulicht.
Die Taxonomie sorgt für die im folgenden schematisierte Proportion in der Relation ‘x markiert y’.
Diese Gesetzmäßigkeit kann man sich durch folgende Einsetzungen veranschaulichen:
v = Akkusativ
w = direktes Objekt
x = Kasus
y = syntaktische Funktion.
Die Gegenstand-von-Relation vererbt sich entlang der Taxonomie und Meronymie nach oben weiter, wie hier dargestellt.
wenn | und | dann | |
1 | x ist Gegenstand von y | y ist ein z | x ist Gegenstand von z |
2 | x ist Gegenstand von y | y ist Teil von z | x ist Gegenstand von z |
3 | x ist ein y | y ist Gegenstand von z | x ist Gegenstand von z |
4 | x ist Teil von y | y ist Gegenstand von z | x ist Gegenstand von z |
Folgende Einsetzungen für die Variablen der Tabelle illustrieren diese Prinzipien:
1. x = Sprache, y = Linguistik, z = Wissenschaft.
2. x = Bedeutung; y = Semantik; z = Sprachbeschreibung.
3. x = Synonymie; y = lexikalische Relation; z = Lexikologie.
4. x = Wortgeschichte, y = Sprachgeschichte; z = historische Sprachwissenschaft.
Wenn man die terminologischen Relationen nach ihren logischen Eigenschaften sortiert, ergibt sich, daß die in §3 unter dem Begriff 'Unterordnende Relationen' zusammengruppierten Beziehungen alle asymmetrisch sind. Die Relationen, die 'querverweisend' genannt wurden, sind dagegen symmetrisch.
Die unterordnenden Relationen haben im übrigen verschiedene logische Eigenschaften. Sie sind zum Teil nicht transitiv und nicht einmal katenativ und tragen insofern nichts zur Begründung einer Hierarchie bei. Sie weisen dennoch eine Gerichtetheit in demselben Sinne wie die taxonomische und meronymische Relation auf. Daher können sie in die von Taxonomie und Meronymie konstituierte Hierarchie eingebaut werden, wie das z.B. an der letzten Tabelle zu sehen ist.
Wir hatten eingangs gesehen, daß man zwecks Konsistenz einige semantisch verschiedene unterordnende Relationen auseinanderhalten muß. Da dies gewährleistet ist, können wir nunmehr, unter der Voraussetzung der Gleichgerichtetheit der diversen unterordnenden Relationen, aus ihnen eine einzige Unterordnungsrelation abstrahieren. Ihr lassen sich die logischen Eigenschaften der Hyponymie zuschreiben (s. §3.1). Die Unterordnungsrelation ist also transitiv. Demnach kann ein Terminus einem anderen unmittelbar oder - per Transitivität - mittelbar untergeordnet sein. Z.B. sind die aufgrund der vorigen Tabelle in der rechten Spalte zustandegebrachten Unterordnungsrelationen alle mittelbar; und ebenso ist die Unterordnung von Plural unter Numerus unmittelbar, die von Plural unter Linguistik dagegen - über mehrere Stufen - vermittelt.
Ich hatte in §3.1 auch gesagt, daß die Taxonomie für sich nicht ausreicht, um alle Termini ans Netz anzubinden. Dasselbe gilt für die Meronymie. Die jetzt eingeführte Unterordnungsrelation verhilft uns nun dazu, von jedem gegebenen Terminus eine vollständige Unterordnungskette bis zur Wurzel des Netzes zu konstruieren. Dabei ist häufig ein Zickzackkurs durch verschiedene Relationen nötig: Grammatik ist Teil von Sprachsystem, Sprachsystem ist Aspekt von Sprache, Sprache ist eine Tätigkeit.
Auf der Basis der Unterordnungsrelation läßt sich eine Nebenordnungsrelation wie folgt definieren:
Termini x und y sind einander unmittelbar nebengeordnet genau dann, wenn x z unmittelbar untergeordnet ist und y z unmittelbar untergeordnet ist.
Wenn also außer der Linguistik auch die Ethnologie der Humanwissenschaft untergeordnet ist, so sind Linguistik und Ethnologie einander nebengeordnet. Die Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Nebenordnung ergibt sich aus der zwischen unmittelbarer und mittelbarer Unterordnung. Z.B. sind Allativ und Perlativ unmittelbar nebengeordnet, Allativ und Plural dagegen mittelbar. Die Nebenordnungsrelation ist daher ebenfalls transitiv.
Da die mittelbaren Beziehungen allesamt Kombinationen von unmittelbaren sind (formal gesprochen: durch Verkettung von Relationen zustandekommen), genügt es, die letzteren zu spezifizieren. Die mittelbaren Beziehungen werden nicht eigens angegeben, sondern sind durch Verfolgen einer Kette unmittelbarer Relationen erschließbar. Insbesondere gilt:
Die Unterordnung von x unter y wird nur dann angegeben, wenn sie unmittelbar ist.
Die Nebenordnung von x und y wird überhaupt nicht angegeben.
Daher findet sich bei Allativ ein Hinweis auf Lokalkasus, aber keiner auf Kasus (vgl. die obige Taxonomie) oder gar Linguistik. Und bei Linguistik gibt es keinen Hinweis auf Ethnologie oder andere Humanwissenschaften.
Entsprechend ist die in §4 gegebene Gebrauchsanweisung für die hängt-zusammen-Relation so zu verstehen, daß die Relation nur dann angegeben wird, wenn zwei Termini nicht unmittelbar nebengeordnet sind.
Einige der terminologischen Relationen, etwa die ist-ein-Relation und die Teil-Ganzes-Relation, sind elementar. Andere wie ist Vertreter von und ist eine Klasse von sind zusammengesetzt. Die letzteren haben auch spezifischere Selektionsrestriktionen über ihre beiden Glieder. Zum Teil inkorporieren sie, was eigentlich Eigenschaften ihrer Glieder sind. Z.B. ist ein Vertreter einer Disziplin notwendigerweise eine Person. Und die Relation ‘x ist eine Klasse von y’ setzt natürlich voraus, daß x eine Klasse ist. Mehrere der Relationen müßten eigentlich intensional, nämlich auf Eigenschaften ihrer Terme, begründet werden.
Ich komme auf die eingangs erwähnten wissenschaftlichen Ansprüche des relationalen Netzes zurück. Da es nicht deduktiv entwickelt wurde, ist es nicht aus einem theoretischen Guß und insofern nicht konsistent. Es wurde bewußt kein Wert darauf gelegt, einen Baum zu konstruieren. Der Ausdruck Netz scheint sich gut für ein weniger wohlgeordnetes Gewirr von Relationen zu eignen. Das schließt natürlich nicht aus, daß in Teilbereichen wie etwa dem oben dargestellten doch einige Ordnung herrscht.
1 Im Zusammenhang damit könnten auch alle im folgenden als asymmetrisch oder intransitiv eingestuften Relationen, begrifflich betrachtet, lediglich nicht-symmetrisch und nicht-transitiv sein. Die Asymmetrie bzw. Intransitivität wird durch die Irreflexivität ermöglicht; vgl. Wall 1973:179-181.
2 Im Rahmen des Parameter-Werte-Modells gibt es auch ein paar Polysemien vom Typ Definitheit1 "Eigenschaft, definit zu sein", Definitheit2 "Eigenschaft, definit oder indefinit zu sein". Die konsistente Anbindung solcher Fälle an das terminologische Netz dürfte ihre Aufspaltung auf zwei Termini erfordern.
3 Statt der Relation ‘die Klasse der x ist ein y’ wäre auch eine Relation ‘x bezeichnet ein y’ denkbar ("Adjektiv bezeichnet eine Wortart"). Dies würde allerdings den Ebenenunterschied zwischen Gebrauch und Erwähnung in die terminologischen Relationen einführen, was nach Möglichkeit vermieden werden sollte.
4 Genaugenommen: Linguistik ist eine Wissenschaft; Wissenschaft ist Gegenstand von Wissenschaftstheorie.
5 Vgl. immerhin Menne 1973:112 und Bocheński & Menne 1983:103, wo von der Verkettung von Relationen einschließlich der Verkettung einer Relation mit sich selbst gehandelt wird.
Bocheński, I.M. & Menne, Albert 1983, Grundriß der formalen Logik. Paderborn: F. Schöningh (5. Aufl.).
Kamlah, Wilhelm & Lorenzen, Paul 1967, Logische Propädeutik. Vorschule des vernünftigen Redens. Mannheim: Bibliographisches Institut (B.I.-Hochschultaschenbücher).
Lehmann, Christian 1996, "Linguistische Terminologie als relationales Netz". Knobloch, Clemens & Schaeder, Burkhard (eds.), Nomination - fachsprachlich und gemeinsprachlich. Opladen: Westdeutscher Verlag; 215-267.
Menne, Albert 1973, Einführung in die Logik. München: Francke.
Wall, Robert 1973, Einführung in die Logik und Mathematik für Linguisten. Bd. 1: Logik und Mengenlehre. Kronberg: Scriptor (Scriptor Taschenbücher S12 - Linguistik und Kommunikationswissenschaft).