Das folgende ist kein Knigge für den treffenden wissenschaftlichen Ausdruck, sondern eine auf empirischer Basis gewonnene Sammlung von Ausdrucksfehlern, die häufig vorkommen, mit zugehörigen Korrekturen.

Treffender Ausdruck

Beziehung von Ausdruck und Inhalt

Wenn X ein Ausdruck und Y der mit X verbundene Inhalt ist, gibt es eine Reihe von Verben, die diese Beziehung korrekt bezeichnen, insbesondere das Verb bezeichnen. Viele Autoren haben aber offenbar Schwierigkeiten mit der Unterscheidung zwischen Ausdruck und Inhalt und bezeichnen die Beziehung daher falsch.

Ein Fall dieser Art ist beschreiben. Etwas beschreiben bedeutet, die Eigenschaften davon im Zusammenhang angeben. Nichtsdestoweniger wird das Verb häufig so wie in folgenden Zitaten verwendet:

Die Titulatur als Freie Stadt Mainz be­schreibt in der Ge­schichte der Stadt die Zeit von der Ver­leihung des Frei­heits­privi­legs durch Erz­bischof Sieg­fried III. von Epp­stein am 13. No­vember 1244 bis zum Ende der Mainzer Stifts­fehde 1462. (https://de.wikipedia.org/wiki/Freie_Stadt_Mainz am 13.11.2019)
Die Ham­burger Orgel­land­schaft be­schreibt den Orgel­bestand der Freien und Hanse­stadt Ham­burg in seiner histori­schen Ent­wick­lung. (https://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Orgellandschaft, 13.09.2020)
[Der Test von Bildschirmen bezieht ihre Ausleuchtung ein.] Die Ausleuchtung beschreibt, wie gleichmäßig die Leuchtdichte auf der Schirmfläche verteilt ist. (c't 2020/9:97)

Das ist nichts als dummes Gesülz. Denn das Subjekt X des Verbs beschreiben ist hier ein sprachlicher Ausdruck, der einen Begriff bezeichnet; das Objekt Y ist eine Erläuterung dieses Begriffs. Das ist fast das Gegenteil der korrekten Verwendung des Verbs beschreiben. Korrekt im Zusammenhang der Beispiele wäre etwas wie mit X ist Y gemeint oder einfach X ist Y. Also z.B.:

Die Ham­burger Orgel­land­schaft ist der Orgel­bestand der Freien und Hanse­stadt Ham­burg in seiner histori­schen Ent­wick­lung. (https://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Orgellandschaft, 13.09.2020)

Gleiches gilt für das Verb bezeichnen. X bezeichnet Y setzt voraus, dass X ein Ausdruck und Y eine semantische Entität ist. Daher ist folgendes Unsinn:

Die Farbe Braun bezeichnet ein stark abgedunkeltes Orange oder Rot. (Wikipedia s.v. Braun, 21.06.20)1

Hier sollte statt bezeichnet einfach ist stehen.

Und bei:

Das Löss-Paläolithikum am Obi-Mazar bezeich­net mehrere, nahe beieinan­der liegende palä­ontolo­gisch und archäo­logisch bedeut­same Fund­stellen (https://de.wikipedia.org/wiki/Löss-Paläolithikum_am_Obi-Mazar, 06.05.2022)

ist mit bezeichnet vielleicht besteht aus gemeint; bezeichnen jedenfalls kann ein Ort nichts.

Miscellanea

Die Einträge der ersten Spalte sind Zitate aus studentischen Arbeiten, allerdings ohne Quellenangabe.

Angemessener Ausdruck
Fundkorrekte FassungErläuterung
Die Papillen werden in drei Arten unterschieden.Die Papillen werden in drei Arten eingeteilt.
Es werden drei Arten von Papillen unterschieden.
Die Valenz von unterscheiden ist: x unterscheidet zwischen y und z. x unterscheidet in y und z gibt es nicht; das heißt einteilen.
Bei Coseriu (1988) ist eine weitere Unterscheidung der 'Kompetenz' in 'System' und 'Norm' zu finden.Bei Coseriu (1988) ist eine weitere Einteilung der 'Kompetenz' in 'System' und 'Norm' zu finden.Dito; es gibt keine Unterscheidung in x und y.
seine Unterscheidung in 'Kompetenz' und 'Performanz' sei der der saussureschen Dichotomie verwandtseine Unterscheidung zwischen/von 'Kompetenz' und 'Performanz' sei der saussureschen Dichotomie verwandt
Bei den Geschmacksqualitäten wird in vier primäre Grundqualitäten unterschieden.Bei den Geschmacksqualitäten werden vier primäre Grundqualitäten unterschieden.
die Konstanz, mit der gewisse äußere Einwirkungen immer gleichzeitig und in derselben gesetzmäßigen Verbindung in ihrem Erleben auftauchen.die Konstanz, mit der gewisse äußere Einwirkungen immer gleichzeitig und in derselben gesetzmäßigen Verbindung in ihrem Erleben auftreten.auftauchen ist “sich unvermutet zeigen”. Das ist nur selten gemeint; meist ist auftreten (~ vorkommen) gemeint.

Grammatik

Es ist ohnehin jedes Passiv daraufhin zu überprüfen, ob es ausgemerzt werden kann. Reflexive Verben allerdings haben überhaupt kein Passiv. Sätze wie der folgende sind ungrammatisch:

In dieser Arbeit soll sich vorwiegend mit der Elizitation beschäftigt werden.

Zudem ist das Passiv hier auch ganz überflüssig, denn die passivlose Variante vermeidet nicht nur den genannten Fehler, sondern ist auch noch kürzer:

Diese Arbeit soll sich vorwiegend mit der Elizitation beschäftigen.

1 Es ist ein durchgängies Kennzeichen von Wikipedia-Artikeln, dass die Autoren die Bezeichnungsrelation nicht klarkriegen. Und das ausgerechnet in einer Enzyklopädie.