Wenn ein Satz wie

. Der Bundeskanzler hat Zoff mit seiner Partei.

in einer geeigneten Situation verwendet wird (also nicht gerade so wie hier als linguistisches Beispiel), dann entspricht dem Ausdruck der Bundeskanzler ein Gegenstand in der Welt, in der wir leben, nämlich das bestimmte Individuum, welches zum Sprechzeitpunkt das Amt des Bundeskanzlers in unserem Staat versieht. Dieser Gegenstand befindet sich klärlich in der Welt, von der wir reden, also nicht in der Sprache, und er existiert auch unabhängig davon, ob wir von ihm eine Vorstellung schaffen oder gar von ihm reden. Dieser Gegenstand in der sog. real existenten Welt, von dem ein Sprachzeichen redet, ist sein Denotatum (linguistisch) oder Referenzobjekt (philosophisch). Denotata sind in erster Linie Gegenstände (Entitäten erster Ordnung in einer naiven Ontologie), in zweiter Linie auch Ereignisse/Sachverhalte (Entitäten zweiter Ordnung).

So wie anhand von eingeführt, ist ein Denotat die Extension eines referierenden Ausdrucks in einem Text bzw. einer Äußerung. Das kann also, wie in , ein Individuum sein; es kann aber auch – z.B. wenn der referierende Ausdruck pluralisch ist, wie in – eine Menge sein.

.Alle Fenster meines Hauses gehen nach Süden.

Der Begriff des Denotats wird allerdings auch mit Bezug auf die Bedeutung von Zeichen als Elementen des Sprachsystems gebraucht, also insbesondere von Lexemen. So wären die Denotata des Wortes Bundeskanzler alle Bundeskanzler. Diese Menge ist eine Klasse, eben die Klasse, welche die Extension des Begriffs ‘Bundeskanzler’ darstellt. Denotation ist somit die Beziehung eines – aktuellen oder virtuellen – Zeichens zu seiner Extension.

Der Begriff der Klasse der Gegenstände, die unter einen Begriff fallen, ist freilich weniger konkret als der des Denotatums eines referierenden Ausdrucks (wie in und ), denn die Menge aller Bundeskanzler überhaupt (eben als Extension des uneingeschränkten Begriffs ‘Bundeskanzler’) umfaßt ja nicht nur alle gegenwärtigen, sondern auch alle gewesenen Bundeskanzler, dann aber wohl auch alle zukünftigen Bundeskanzler. Hier jedoch wird es schwierig, die künftigen von den gedachten Bundeskanzlern zu unterscheiden; und dann wird der Unterschied zwischen einem real existenten Gegenstand - was eigentlich der Sinn von Denotatum ist - und einem gedachten Gegenstand - was ein anderer Bedeutungsbegriff ist - unklar.1

Eine gewisse Menge von Sprachzeichen hat ein Denotatum im Sinne eines in der sog. realen Welt existenten Objekts, auf welches sie sich beziehen. Das ist eine echte Teilmenge der Nominalsyntagmen bzw., wenn es um Klassen von Denotata geht, der Substantive; bei anderen Wortarten ist die Rede von Denotata strittig. Es haben also lange nicht alle Nominalsyntagmen und alle Substantive ein Denotatum.

.a. Wenn wir einen fähigen Bundeskanzler wüßten, würden wir ihn wählen.
b.Jedes Einhorn hat genau ein Horn.
c.Der Unterschied zwischen Sinn und Bedeutung ist nicht jedem klar.

Kein Denotatum haben

Das besagt nicht, daß solche Sätze keine Bedeutung haben oder weniger wahr sind. Es besagt nur, daß die Bedeutung eines Ausdrucks nicht davon abhängt, daß es für ihn ein Denotatum gibt. Sprachliche Ausdrücke beziehen sich nicht auf Gegenstände in der Welt. Sie beziehen sich auf Vorstellungen und Gedanken, allgemein gesagt, auf mentale Entitäten. Einige der letzteren beziehen sich auf Dinge in der Welt; aber viele auch nicht (vgl. ‘Sprache – Denken – Wirklichkeit’). Wenn mit einem Sprachzeichen sein Denotatum gleich mitgegeben wäre, wäre Lügen unmöglich.

Der Begriff des Denotatums ist von dem des Referenten zu unterscheiden: ein Denotat ist eine Entität in der sog. Wirklichkeit; ein Referent ist eine Entität im Redeuniversum.


1 In Löbner 2003:31f wird Denotation eines Inhaltswortes i.S.v. ‘Extension seines Designatums’ definiert. Somit gibt es hier inexistente Denotata, was dem oben definierten Begriff von ‘Denotatum’ widerspricht.