Partizipanten

Irgendwelche Entitäten haben Eigenschaften oder (syntagmatische) Relationen zueinander, und eben dies begründet eine Situation. Diejenigen Komponenten einer Situation, die als Entitäten konzipiert werden, heißen Situationsbeteiligte. Situationsbeteiligte werden als Partizipanten versprachlicht.1 Partizipanten werden strukturell als Dependenten des Prädikatskern, also im einfachsten Falle als (lexikalische oder pronominale) Nominalsyntagmen (NSen) und Adpositionalsyntagmen umgesetzt. Ein Partizipant kann statische oder dynamische Beziehungen zu einem oder mehreren anderen Partizipanten haben. Eine Situation ist folglich das, was ein Prädikat mit seinen Dependenten (einschließlich des Subjekts) bezeichnet.

.es ist kalt

Was durch einen Satz wie bezeichnet wird, kann man im Prinzip als Situation ohne Partizipanten, also als bloßen Situationskern, analysieren. Das wäre jedenfalls ein Grenzfall einer Situation.

.Erna überreichte Erwin einen Pilz.

In gibt es drei Partizipanten, ‘Erna’, ‘Erwin’ und den ‘Pilz’. Der Situationskern wird durch die Verbform überreichte repräsentiert.

Die Partizipanten sind auf drei Dimensionen wesentlich charakterisiert und voneinander unterschieden:

  1. Sie haben bestimmte Eigenschaften, d.h. sie gehören semantischen Kategorien an.
  2. Sie tragen verschiedene semantische Rollen, die die Weise ihrer Beteiligung an der Situation bzw. ihre spezifische Beziehung zu den anderen Partizipanten verkörpern.
  3. Sie haben verschiedene Funktionen in der Informationsstruktur, sind also in unterschiedlichem Maße thematisch oder rhematisch.

Die Eigenschaften haben die Partizipanten qua Entitäten, d.h. unabhängig von ihrer Beteiligung an einer Situation. Die wichtigsten sind auf der Empathiehierarchie systematisiert. So haben in z.B. die Partizipanten ‘Erna’ und ‘Erwin’ das Merkmal ‘menschlich’, der ‘Pilz’ jedoch das Merkmal ‘unbelebt’. Die semantische Rolle eines Partizipanten ist seine Funktion gegenüber dem Situationskern. So ist in ‘Erna’ Agens, ‘Erwin’ Rezipient und der ‘Pilz’ Patiens. Die semantischen Rollen werden im folgenden Abschnitt behandelt. Die Funktionen von Partizipanten in der Informationsstruktur sind Gegenstand eines eigenen Abschnitts.


1 Der Unterschied zwischen ‘Partizipant’ und ‘Situationsbeteiligter’ ist der folgende: Der Situationsbeteiligte ist eine kognitive, sprachunabhängige Entität (etwas, was auch Tiere konzipieren können); ein Partizipant ist eine Versprachlichung davon, derart daß die Art der Beteiligung dieser Entität an der Situation auf eine der (ebenfalls sprachlichen) Partizipantenrollen zurückgeführt ist. Es gibt Gelegenheiten, wo dieser Unterschied relevant ist (s. z.B. Lehmann 2006[Participant roles]; in den meisten Zusammenhängen genügt es aber, von Partizipanten zu sprechen.