Jemand, der spricht oder versteht, aktualisiert Einheiten des Sprachsystems in der Rede. Psychologisch betrachtet, überführt er im Gedächtnis gespeicherte virtuelle Einheiten – Begriffe, Wahrnehmungs- und Handlungsschemata – in aktuelle Einheiten, also in bestimmte Vorstellungen, Perzepte und Handlungen.
Die Bedingungen der Aktualisierung (Umsetzung) sind infinit, und alle Aktualisierungen einer Einheit sind voneinander verschieden. Im Hirn sind nicht Tokens (individuelle Aktualisierungen), sondern Types (Schemata) abgespeichert (s. Type vs. Token). Aktualisierung bedeutet Auffüllung von Schemata mit spezifischen Merkmalen (vgl. Unterspezifikation) und Konkretisierung dieser Merkmale. Für Sprachzeichen heißt das, daß Merkmale des Signifikans in phonetische Merkmale und Merkmale des Signifikatums in denotative, konnotative und referentielle Merkmale umgesetzt werden.
Mit Bezug auf die referentiellen Merkmale gilt, dass ein Begriff durch Aktualisierung in einen Referenten überführt wird.
Die Einheiten des Sprachsystems sind voneinander verschieden.1 Werden sie aktualisiert, so werden sie mit anderen in der Äußerung kombiniert. Hier tritt an die Stelle der (paradigmatischen) Opposition der (syntagmatische) Kontrast. Bei der Aktualisierung hat der Sprecher einerseits die Identität (Signifikativität und Distinktivität) der Einheiten zu wahren (weil er sonst unverständlich wird), andererseits kann und muß er sie auf Kontrast und Anpassung zu den bestimmten in der Sprechsituation und im sprachlichen Kontext kopräsenten Einheiten zuschneiden (weil er sonst irrelevant wird).
Die Aktualisierung einer sprachlichen Einheit involviert also ihre individuelle Spezifikation unter den Bedingungen der jeweiligen Äußerung. Insoweit die Aktualisierung in der Tat individuell ist, hat die Wissenschaft nichts mit ihr zu tun. Die Linguistik befaßt sich – in der Semantik und Pragmatik einerseits, in der Phonologie und Phonetik andererseits – nur mit den “ersten”, noch systematischen Stufen der Aktualisierung.
1 Teilweise Ausnahmen hiervon sind Homonymie und (totale) Synonymie. Statistisch betrachtet, sind dies Unfälle, die bei der Assoziation von Signifikantia und Signifikata mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auftreten.