Der Sprecher möchte, daß der Hörer in eine bestimmte Disposition gerate. Die kann sich darauf beschränken, daß der Hörer eine bestimmte Idee für wahr hält und in sein Gedächtnis überführt; es kann aber auch eine Disposition zum (sprachlichen oder nicht-sprachlichen) Handeln sein. Die Verständigung zwischen den beiden gelingt, wenn der Hörer versteht, was der Sprecher meint. Zum Meinen und Verstehen gehören sowohl der übermittelte Inhalt als auch die Absicht des Sprechers, daß der Hörer in die genannte Disposition gerate. Man kann daher (i.S.v. Grice 1957) wie folgt definieren:
S
meint z
mit seiner an Hörer H
gerichteten Äußerung U
↔S
intendiertI
.I
= (U
zeitigt die Dispositionz
inH
)S
intendiert, daßI
einfach dadurch erreicht wird, daßH
die Intention #i erkennt.
Entsprechend versteht H
S
' Äußerung U
dadurch, daß er I
erkennt; und er versteht sie genau dann, wenn in ihm z
entsteht. H
erkennt I
im Prinzip durch Empathie mit S
, also letztlich dadurch, daß beide Menschen sind. Die Kommunikationsabsicht wird wechselseitiges Wissen von S
und H
: S
intendiert I
, H
weiß, daß S
I
intendiert; S
weiß, daß H
das weiß, usw. ad nauseam.
In gewöhnlicher Sprachtätigkeit kommen immer wieder Abweichungen von diesem kanonischen Modell der Verständigung vor. Z.B. kann es sein, daß H
I
nicht erkennt; dann versteht er U
(und somit S
) nicht. Es kann aber auch sein, daß H
U
sehr wohl versteht, daß in ihm aber noch weitere Effekte entstehen, die S
nicht intendiert hat. Diese letzteren sind dann nicht Bestandteil der Verständigung, denn sie waren von S
nicht gemeint.
Grice, H. Paul 1957, "Meaning." Philosophical Review 66(3):377-388. Abgedr.: Steinberg, Danny D. & Jakobovits, Leon A. (eds.) 1971, Semantics. An interdisciplinary reader in philosophy, linguistics and psychology. Cambridge: Cambridge University Press; 53-59.
Hörmann, Hans 1978, Meinen und Verstehen. Grundzüge einer psychologischen Semantik. Frankfurt/M: Suhrkamp (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 230).