Eine wissenschaftliche Arbeit ist einem Thema gewidmet. Dies ist normalerweise ein Ausschnitt des Objektbereichs der Wissenschaft, der durch die Intersektion einer Reihe von Begriffen bestimmt ist. Der Wissenschaftler wählt das Thema seiner Arbeit und grenzt es gegen benachbarte Themen ab.
Gleichgültig ob ein eigenes Interesse des Wissenschaftlers oder ein Auftrag am Anfang steht, gelten für die Wahl eines Untersuchungsthemas zwei Arten von Kriterien:
Die Themenwahl ist nicht zu trennen von dem Ziel, das durch die Untersuchung erreicht werden soll. Die Ziele kann man einteilen nach dem überwiegenden Erkenntnisinteresse:
Das Thema muß jedenfalls abgegrenzt werden. Diese Leistung kann nicht der eigentlichen Untersuchung vorangehen, sondern ist eine ihrer Früchte. Die Untersuchung ist insofern ein spiralförmiger Prozeß, wo thematische Fragen bestimmte Antworten auslösen und die solchermaßen erzielten Ergebnisse wiederum zur Eingrenzung der Themafrage dienen. Am Anfang der Arbeit steht deshalb eine exploratorische Lektüre, wie sie in einem anderen Abschnitt beschrieben wird. Gleichzeitig spricht man mit Spezialisten über die Problematik und insbesondere über die schiere Machbarkeit der Untersuchung.
Im Prinzip bleibt es natürlich dem Autor überlassen, was er behandeln und was er ausschließen möchte. Allerdings gehen die Meinungen darüber, was notwendigerweise zusammenhängt und ohne Schaden für das Verständnis des Themas nicht unberücksichtigt bleiben kann, notorisch auseinander. Um hier einerseits nicht sachliche Fehler zu begehen oder auf Ablehnung seitens wichtiger Leser des Produkts zu stoßen und sich andererseits nicht zu überfordern, holt man aufmerksam Meinungen darüber ein, was man unbedingt mitberücksichtigen muß und was man getrost ausblenden kann. Die getroffenen Entscheidungen in diesem Bereich motiviert man dann in der Einleitung der schriftlichen Arbeit.
Das Thema wird nach verschiedenen Kriterien abgegrenzt:
Auf diese Weise kristallisiert sich aus dem Thema schrittweise ein wissenschaftliches Problem.1 Das Problem erscheint zunächst als eine spezifische Konstellation von Wissen und Nicht-Wissen über einen Ausschnitt des Gegenstandsbereichs, die nicht befriedigend ist, z.B. weil sie Widersprüche enthält oder weil das Wissen unvollständig oder unausgewogen ist. Am Schluß reduziert sich das Problem auf eine Frage, welche durch Untersuchung beantwortet werden soll. Die Frage wird verbunden mit einer Menge möglicher Hypothesen derart, daß wenn eine davon sich bewahrheitete (nicht falsifiziert werden könnte), die Frage beantwortet wäre.
Diese Schritte werden im Einzelfall nicht immer sauber unterscheidbar sein. Aber dies ist jedenfalls die zugrundeliegende Systematik des Prozesses der Themenwahl. Von einer klaren Formulierung des Problems hängt der Erfolg der Forschung ab.
1 Statt von ‘Thema’ und ‘Problem’ wird auch von ‘Thematik’ und ‘Problematik’ gesprochen. Wiewohl das nicht ganz dasselbe ist, dürfte sich die Definition der letzteren Begriffe kaum lohnen.