Laufender Text der Arbeit

Mit dem laufenden Text der Arbeit beginnt die arabische Paginierung (falls sie nicht schon im Vorspann waltete) und die Dezimalgliederung der Abschnitte.

Einleitung

Mit der Einleitung1 beginnt der zusammenhängende, dem Thema gewidmete Text. Jegliche persönlichen oder feuilletonistischen Vorbemerkungen gehören ins Vorwort. Während die vorangehenden Bestandsstücke der Arbeit außerhalb von deren Gliederung stehen, ist die Einleitung das Kapitel bzw. der Abschnitt 1. Ihr Zweck ist es, die Voraussetzungen für die wissenschaftliche Analyse explizit zu machen, den Gegenstand der Arbeit einzugrenzen und den Leser mit ihm vertraut zu machen. Die Untergliederung der Einleitung ergibt sich aus ihrem Zweck: Zu Beginn stellt man das zu lösende Problem und das Ziel der Arbeit vor. Dann läßt man die bisher von der Forschung zum Thema geleisteten Beiträge Revue passieren. Nunmehr wählt man in Abhängigkeit von den Zielen und auf Basis des Forschungsstandes einen geeigneten theoretischen Rahmen für die Arbeit. Jetzt hat man die Voraussetzungen beisammen, um entscheiden zu können, was für Daten untersucht werden müssen, um die Themenfrage beantworten zu können. Gegeben nun einerseits die Theorie und andererseits die Daten, so stehen eine Reihe von Methoden zur Verfügung, mit welchen man die Daten untersuchen bzw. zum Test der Theorie verwenden kann. Aus all dem ergibt sich schließlich, wie die Arbeit aufgebaut sein muß, um ihr Ziel zu erreichen.

Die Einleitung ist also weit davon entfernt, unverbindliches Vorgeplänkel zu sein.2 Ihr Inhalt und ihre Gliederung ergeben sich im Gegenteil nach dem soeben dargestellten ziemlich stringenten deduktiven Verfahren. Deshalb können auch die im folgenden verwendeten Bezeichnungen der Teile der Einleitung so oder mit passender Abwandlung als Abschnittsüberschriften verwendet werden.

Gegenstand und Ziele der Arbeit

Man identifiziert einen Ausschnitt aus dem – empirischen oder theoretischen – Gegenstandsbereich, dem die Arbeit gewidmet ist. Darin stellt sich ein Problem. Dieses kann man anhand von ein paar Beispielen illustrieren, damit es auch der nicht spezialisierte Leser verstehen kann. Man nimmt aber natürlich bei der Erläuterung der Fragestellung nicht die Argumentation und die möglichen Analysen vorweg. Nun kann man das Ziel der Arbeit in vorläufiger, theorieneutraler Weise formulieren. Oft wird es eine teleonomische Hierarchie geben mit einem obersten Ziel, zu dem die Arbeit bestenfalls etwas beitragen, das sie aber nicht selbst zu verwirklichen hoffen kann, sowie untergeordneten Zielen, die die Arbeit erreichen will. Hier sollte man explizit sagen, an welchen Ansprüchen die Arbeit gemessen werden soll. Auch gute Rezensenten gehen so vor, daß sie die eingangs gesetzten Ziele und formulierten Ansprüche nach Ende der Lektüre vergleichen mit dem, was tatsächlich erreicht worden ist. Dafür muß der Autor dem Leser die Voraussetzungen bieten.

Da man nicht alles zugleich sagen kann, ist man in diesem ersten Abschnitt noch nicht in der Lage, die Ziele innerhalb eines bestimmten theoretischen Ansatzes zu formulieren, in dem sie einen Sinn ergeben und also gerechtfertigt werden können. Der Abschnitt ‘Vorausblick’ bietet die Gelegenheit, die Ziele nochmals, und diesmal theoriespezifisch, zu formulieren.

Forschungsstand

Eine wissenschaftliche Arbeit entsteht nicht auf einer Tabula rasa. Es ist die Pflicht des Wissenschaftlers, den Forschungsstand erstens zur Kenntnis zu nehmen und zweitens dem Leser darüber Rechenschaft abzulegen. Von dem ersten Aspekt ist auf der Website zu den Arbeitstechniken die Rede. In der Exposition hat dieser Abschnitt mehrere Funktionen:

Im Hinblick auf diesen letzten Punkt läuft manch ein Autor Gefahr, das von anderen Erreichte herunterzuspielen, um die eigene Leistung hervorzuheben. Es ist allerdings auch Kennzeichen eines guten Wissenschaftlers, daß er das von anderen Geleistete angemessen zu würdigen weiß.

Die Absätze des Abschnitts über den Forschungsstand haben zum Teil den Charakter von Abstracts der referierten Werke. Allerdings muß man innerhalb des Abschnitts Textkohärenz herstellen, also die Werke in einen thematischen und historischen Zusammenhang stellen und zeigen, wie sie aneinander anknüpfen. Man kann den Abschnitt also chronologisch aufbauen. Am Schluß ergibt sich dann der nunmehr erreichte Forschungsstand. Auf seiner Basis kann man die Problemstellung als ein aus der bisherigen Forschung erwachsenes Desideratum präzisieren.

Daraus ergibt sich, daß genau dieser Abschnitt der Locus für Literaturreferate ist. Im Hauptteil der Arbeit sind sie weitgehend unangebracht, denn der ist systematisch aufgebaut, und Referate von anderer Leute Arbeiten unterbrechen die Systematik der vorliegenden Arbeit. Stellt man nach Abschluß der ersten Fassung der Arbeit fest, daß man sich im Hauptteil systematisch und ausführlich auf ein bestimmtes Werk bezogen hat, so verlegt man dessen zusammenhängende Darstellung in den Abschnitt ‘Forschungsstand’ und braucht dann von den entsprechenden Stellen des Hauptteils lediglich darauf zu verweisen.

Selbstverständlich referiert man nur solche Werke, die für die vorliegende Arbeit von erheblichem Belang sind und/oder dieselbe Thematik behandelt haben. Dieser Abschnitt ist also nicht der Ort, Lesefrüchte auszubreiten. Ebensowenig ist es notwendig, Meilensteine der Wissenschaft von der Antike bis zur Gegenwart, die schon hundertmal in solchen Zusammenhängen angerufen worden sind, ein weiteres Mal zu referieren. Schließlich referiert man auch nicht aus zweiter Hand. Wenn man also in Werk A einen Literaturbericht findet, der die Bedeutung von Werk B hervorhebt, dann hat man zwei Möglichkeiten:

Ferner steht die Darstellung des Inhalts dieser Werke im Dienste der spezifischen Ziele der vorliegenden Arbeit. Dazu ist es nötig, daß der Autor Position bezieht. Wenn in völlig neutraler Weise Werke referiert werden, die unvereinbare theoretische Positionen einnehmen oder einander in den empirischen Ergebnissen widersprechen, ist der Leser desorientiert. Die Referate müssen also solche Widersprüche explizit machen und sind notwendigerweise bis zu dem Punkte kritisch, daß der Autor angibt, wem er folgt und wem nicht. Er ist freilich an diesem Punkte der Exposition noch nicht in der Lage, diese Entscheidungen stringent zu begründen. Soweit es sich nicht um Entscheidungen ideologischer Natur handelt, die naturgemäß nicht begründbar sind, sollte man an gegebener Stelle im Hauptteil der Arbeit Gelegenheit nehmen anzugeben, warum man einer Lehrmeinung nicht folgt.

Theoretischer Rahmen

In jeder Wissenschaft gibt es konkurrierende Theorien über den Gegenstandsbereich. Die Wahl zwischen ihnen wird gelegentlich durch äußere Bedingungen diktiert. Nichtsdestoweniger hat man sie, unter Bezug auf den im vorigen Abschnitt dargestellten Forschungsstand, bewußt zu treffen und zu begründen. Oft handelt es sich um ein etabliertes Forschungsparadigma oder Modell, welches unter einem bestimmten Namen bekannt ist. Dann genügt es, das Modell zu benennen, die Grundannahmen zu rekapitulieren und die spezifischen Konzeptionen darzulegen, welche für die gegebene Arbeit vorausgesetzt werden. Schließt man sich nicht an ein etabliertes und kohärentes Modell an, so muß man desto mehr Mühe darauf verwenden, die theoretischen Voraussetzungen der Arbeit explizit zu machen. Dazu gehören das allgemeine Erkenntnisinteresse, die Prämissen und wesentlichen Thesen, die Definition zentraler Begriffe und Darstellung ihres Zusammenhangs sowie die Einführung von in der Arbeit häufig gebrauchten Termini.

Der Gegenstand einer Arbeit kann nur im Rahmen einer wissenschaftlichen Theorie abgegrenzt werden. Folglich dient die Definition der zentralen Begriffe nicht nur der positiven Charakterisierung des Gegenstands der Arbeit, sondern gleichzeitig der bewußten Ausgrenzung von Aspekten der Problematik, mit welchen die Arbeit sich nicht befaßt. Es empfiehlt sich, dies explizit zu machen, weil sonst der Eindruck entsteht, der Autor habe bestimmte Zusammenhänge übersehen. Vgl. auch den Abschnitt zur Themenwahl.

Theorien haben Schichten verschiedener Allgemeinheit. In der Einleitung ist der theoretische Rahmen im allgemeinsten Sinne zu behandeln. In den folgenden Abschnitten, die der Analyse spezifischer Probleme gewidmet sind, kann es Gelegenheit geben, mehr Theorie auf spezifischerer Ebene einzuführen. Mehr dazu weiter unten.

Datenbasis und Methoden

Eine empirische Arbeit fußt notwendigerweise auf Daten, die erhoben und analysiert werden. In manchen Disziplinen war es über längere Zeit ungute Sitte, diese Frage ziemlich nonchalant zu behandeln und eine unabhängige Datenbasis durch eine Handvoll wohlgewählter illustrativer Beispiele zu ersetzen. So etwas geht im 21. Jh. nicht mehr durch. Vielmehr legt man dar, wieso Daten einer bestimmten Art den anvisierten Ausschnitt des Gegenstandsbereichs repräsentieren können, welcher Natur die Daten genau sind, wie man sie erhoben und weiterverarbeitet hat. Nun hat man ein Paar aus Theorie und Daten und ist folglich (s. die Darlegungen zur Methode) in der Lage, Methoden zu identifizieren, welche es gestatten, die Daten in einer erkenntnisträchtigen Weise zu analysieren. Unter den sich anbietenden Methoden trifft man eine begründete Auswahl und führt nötigenfalls vor, wie die Methoden angewandt werden.

Vorausblick

Zu Beginn dieses letzten Abschnitts der Einleitung ist man in der Lage, die Ziele der Arbeit auf verbindliche, theoriebasierte Weise zu formulieren und ihren Gegenstand endgültig abzugrenzen. Daraus entwickelt man die Gliederung der Arbeit. Man gibt einen Überblick über ihre Struktur und das, was in jedem Hauptkapitel bzw. Hauptabschnitt an der Reihe ist.

Die Funktion dieses Kapitels wird oft missverstanden als eine Wiederholung des Abstracts oder als ein kommentiertes Inhaltsverzeichnis. Dann wäre es tatsächlich überflüssig. Seine Funktion ist es, zu begründen, dass auf der Basis der vorangehenden Abschnitte der Einleitung die Arbeit genau so und nicht anders aufgebaut sein muss, und also den Argumentationsgang zu umreißen. Gleichzeitig ist es der Ort, an dem der Leser sich orientiert darüber, was ihn erwarten würde, falls er das Werk läse.

Hauptteil

Der Hauptteil einer wissenschaftlichen Arbeit ist alles, was zwischen Einleitung und Zusammenfassung steht. Das ist normalerweise nicht genau ein Kapitel, und selbst dann würde es nicht so heißen. Wegen allgemeiner Hinweise zur Gliederung des Hauptteils s. anderswo.

Am Anfang des Hauptteils kann es tunlich sein, noch einmal einen theoretischen Abschnitt zu haben, diesmal auf einer spezifischeren, dem Gegenstand der Arbeit näheren Ebene. Man kann ihn als Grundlegung bezeichnen. Man nehme als Beispiel eine linguistische Arbeit, die die Grammatik der Possession im Japanischen zum Gegenstand hat. Dann war in der Einleitung der allgemeine theoretische Rahmen einzuführen, in diesem Falle also die sprachtheoretischen Grundannahmen, das gewählte grammatiktheoretische Modell und die Methodologie, die es gestattet, überhaupt einen Ausschnitt aus der Grammatik einer Sprache unter dem Gesichtspunkt dessen, was ausgedrückt wird, zu untersuchen (also die Onomasiologie). Zusätzlich aber wird eine Theorie der Possession benötigt, die sagt, was überhaupt ein possessives Verhältnis ist, welche Aspekte es hat und wie der Begriff gegen benachbarte abgegrenzt wird. Dies kann man in der Grundlegung zu Beginn des Hauptteils tun, unmittelbar bevor man die Konstruktionen des Japanischen beschreibt, welche Possession ausdrücken.

Die Aufgabe der Grundlegung ist es, die zentralen klassifikatorischen Begriffe im gewählten empirischen Bereich systematisch und explizit einzuführen. Das geschieht, wie gesagt, in dem zuvor umrissenen theoretischen Rahmen in einer standardisierten Weise auf elementarem Niveau. Auf elementarem Niveau geschieht es, insofern es nur die Quintessenz dessen bietet, was die im Abschnitt über den Forschungsstand referierte Forschung erbracht hat; die weiteren Abschnitte des Hauptteils werden ja darüber hinausgehen. In einer standardisierten Weise geschieht es sowohl in bezug auf die Begriffe als auch in bezug auf die Termini. Die Begriffe werden in vereinfachter Form nach Art eines Handbuchs eingeführt und definiert. Man kann dazu sagen, daß diese Definitionen vorläufig sind (sie werden manchmal “Arbeitsdefinitionen” genannt) und daß man im Verlauf der weiteren Arbeit mit Komplikationen zu tun bekommen wird. Ganz wichtig ist, daß die in der Arbeit verwendeten Termini hier festgesetzt werden. Denn die Summe der einschlägigen Fachliteratur ergibt ja terminologischen Wirrwarr, den die Arbeit zwar im Abschnitt über den Forschungsstand aufzeigen kann, in ihrem Hauptteil aber auf keinen Fall reproduzieren darf. Folglich werden den eingeführten Begriffen hier ihre Standardtermini zugeordnet. Wann immer im folgenden divergente Termini aus der Fachliteratur aufgelesen werden, werden sie auf diese Standardtermini bezogen.

Es folgt nun der in einer empirischen Arbeit zentrale und umfänglichste Teil, nämlich die Darstellung (und bis zu einem vernünftigen Grade Ausbreitung) der Daten, deren Analyse und die Formulierung von Generalisierungen darüber. Je nach Problemstellung gibt es verschiedene Optionen, ihn aufzubauen:

In einer empirischen Arbeit achtet man darauf, hinreichend viele Beispiele einzustreuen. Insbesondere ein “top-down”-Ansatz läuft Gefahr, zu Beginn unverständlich zu sein, weil sich der Leser noch nicht in die Gedankenwelt des Autors hineingedacht hat. Als Richtschnur kann gelten, daß zwei Seiten theoretischer Erörterung ohne ein einziges Beispiel eine Zumutung sind.

Während es für die gesamte Arbeit sowohl einen Vorausblick (§4.1.5) als auch eine Zusammenfassung (§4.3) gibt, sind solche Textstücke auf der Ebene von Kapiteln oder gar Abschnitten normalerweise redundant. Am Anfang jedes Kapitels anzukündigen, was man in welchem Abschnitt tun will, und an seinem Ende zu wiederholen, was man getan hat, ist meistens nichts als Zeilenschinderei. Freilich gibt es wohlbegründete Ausnahmen. Z.B. kann es nötig sein, zu Beginn eines Kapitels seinen Aufbau zu rechtfertigen, wenn dieser von den Lesererwartungen abweicht. Gleichfalls kann es nach einem Kapitel, das eine weitverzweigte, vielfaches Für und Wider abwägende Argumentation umfaßt, hilfreich sein, noch einmal festzuhalten, was denn nun für die folgenden Kapitel als Ergebnis übernommen werden soll.

Zusammenfassung

Jede Arbeit, auch eine ganz kurze, hat am Schluß eine Zusammenfassung von angepaßter Länge. Sie wiederholt Problemstellung und Zielsetzung, skizziert die wesentlichen Argumentationsschritte und listet die Ergebnisse in übersichtlicher Form auf. Der Autor nimmt in klarer Form zu der Frage Stellung, wie weit die Hypothesen sich bestätigt haben. Es kann auch eine Einschätzung folgen, was die Arbeit zu den großen Fernzielen der Wissenschaft beiträgt, und auch, was sie nicht leisten konnte. Man kann offen gebliebene Fragen formulieren und Ansatzpunkte für weitere Forschung identifizieren. (Ein weitverbreiteter Fehler ist es, sich anheischig zu machen, diese Forschungslücken demnächst in einer Anschlußpublikation zu schließen.)

Eine Zusammenfassung ist eine reine Reformulierung des Wesentlichsten und kann nicht neue Argumente oder Thesen bringen. Alles, was sie enthält, muß in anderer Form in der Arbeit schon gesagt worden sein oder daraus logisch folgen. Die Zusammenfassung kann allenfalls die Generalisierungen, welche die Arbeit erzielt hat, noch einmal weiter verallgemeinern und ins zeitlos Gültige überhöhen.3

Aspekte der Redaktion

Einleitung und Hauptteil der Arbeit müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Folgende Fehler werden relativ häufig gemacht:


1 Sie heißt so, nicht etwa “Einführung”. Eine Einführung ist ein didaktisches Werk für Anfänger.

2 Bei Deutschlehrern lernt man, daß man eine Einleitung mit tiefsinnigen Aphorismen und weit ausholenden Rundumschlägen ausstaffiert. Das ist der Stil von Besinnungsaufsätzen und dergleichen auf Abiturniveau und vermutlich von journalistischen Essays; für wissenschaftliche Arbeit ist es zu nichts nütze.

3 “A conclusão deve ser breve, deve ser preparada pelo corpo do trabalho, e nascer espontaneamente dele como seu coroamento esperado e previsto ao longo do exame de tudo que a precede.” (Ruiz 1976:75) (Die Schlußfolgerung muß kurz sein, durch den Hauptteil der Arbeit vorbereitet sein und spontan aus ihm hervorgehen als seine erwartete Krönung, die nach dem Studium alles ihr Vorangehenden vorhersehbar wird.)