Im Altertum sprach man in Iberien Ladino. Nachdem die romanischen Sprachen auch zur schriftlichen Kommunikation benutzt wurden, unterschied man davon ein romance castellano “kastilisches Romanisch”. Das Adjektiv espaņol bezog sich im Mittelalter auf keine Sprache, sondern auf sonstiges, was mit der hispanischen Welt assoziiert war. Seit dem 16. Jh. heißt die Hochsprache Spaniens auch espaņol, neben castellano. Die beiden Termini haben verschiedene Konnotationen. Espaņol könnte implizieren, daß es die einzige Sprache des spanischen Staates ist oder daß es die Sprache des Staates Spanien im Gegensatz zu anderen Staaten ist. Die erstere Konnotation ist z.B. in Galizien und Katalonien nicht erwünscht; die letztere Konnotation ist in Lateinamerika nicht erwünscht, weshalb in mehreren Verfassungen die Sprache castellano genannt wird.
Castellano bezeichnet außerdem den kastilischen Dialekt, der ursprünglich (9. Jh.) nur in Oviedo und Burgos und erst im 11. Jh. in der ganzen Region gesprochen wurde, die heute Castilla la Vieja heißt. Nach der Reconquista des Reichs von Toledo umfaßt das Gebiet außerdem noch Castilla la Nueva und damit einen erheblichen Teil Spaniens.
Nachdem das Mozarabische unter den Mauren ausgestorben war, bestanden neben dem Kastilischen (Zentrum in Burgos) in Spanien ursprünglich Asturo-Leonesisch und Navarro-Aragonesisch. Diese werden bis heute vom Kastilischen verdrängt.
Die Variante von Toledo gab eine Norm, die ‘norma toledana’, ab bis etwa 1550, solange der Hof in Toledo war. Seit etwa 1550, als der Hof von Toledo nach Madrid umzog, wurde ‘El habla castellano-vieja’, d.h. die Norm von Madrid, Standard in Spanien.
Antonio de Nebrija (ca. 1444 - 1522) begründet durch seine Gramática de la lengua espaņola 1492 nebst Wörterbuch die spanischsprachige Grammatik und Lexikographie. (1771 publiziert die Real Academia de la Lengua Espaņola die erste Akademie-Grammatik.)
Die Zeit von 1550 bis 1650 ist das Siglo de Oro, welches durch eine Blüte der Literatur, vor allem des Theaters gekennzeichnet ist. Von zentraler Bedeutung ist Miguel de Cervantes Saavedra (1547-1616). In dieser Zeit breitet sich Kastilisch auch noch nach Galizien und Katalonien aus und wird neben den einheimischen Sprachen verwendet. In Galizien, Katalonien und im Baskenland herrscht bis heute ausgedehnter Bilinguismus aus der einheimischen Sprache und dem Kastilischen.
Im späten 18. und frühen 19. Jh. Einfluß der französischen Kultur; zahlreiche Gallizismen; Vereinfachung des (ehemals ciceronianischen) Satzbaus.
Im 19. Jh. gibt es autoritäre zentralistische Gesetze, die Kastilisch in ganz Spanien gegen die "hablas minoritarias", will sagen: Galizisch, Katalanisch und Baskisch, in allen Lebensbereichen, insbesondere in den Schulen, durchdrücken sollen. So auch im 20. Jh. unter Primo de Rivera und Franco. Erst seit der Wiedereinführung der Demokratie herrscht wieder Sprachfreiheit in Spanien.
Die Opposition zwischen /b/ und /v~β/ bestand im Südkastilischen (ebenso wie bis heute in den meisten anderen iberoromanischen Sprachen) noch im 16. Jh. Sie wird im Kastilischen zugunsten komplementärer Verteilung von [b ~ β] aufgegeben.
Seit dem 16. Jh. geht im Kastilischen das (soeben erst aus /f/ entstandene) /h/ verloren. Die sonst nicht sehr konservative Orthographie des modernen Spanischen schreibt sowohl dieses als auch das zuletzt im klassischen Latein in Wörtern wie hora vorhanden gewesene /h/.
Die synthetischen Steigerungsformen waren bereits im Vulgärlateinischen aufgegeben worden. Der synthetische Superlativ vom Typ bellísimo ist eine gelehrte Entlehnung des 16. Jh.
Die Opposition zwischen intimer vs. höflicher Anrede wurde im Mittelalter durch tu vs. vos (wie im Französischen) realisiert. Das Verb kongruierte damit in der zweiten Person Singular vs. Plural. In der Neuzeit kommt im Kastilischen die höfliche Anrede mit vuestra merced “euer Gnaden”auf, die dann zu usted verkürzt wird (und ebenso im Portugiesischen mit vossa mercede > você). Diese Form ist (anders als vos) singularisch und kann einen regelmäßigen Plural bilden. Damit kongruiert das Verb in der dritten Person (Singular vs. Plural). In Iberien verdrängt die neue höfliche Anrede die alte völlig, während sie sich in Lateinamerika weitgehend durchsetzt. Der Voseo überlebt allerdings in weiten Gebieten; s.o.
Das Passiv, das durch Periphrase mit ser plus Partizip Perfekt gebildet wird, verliert sich aus der Umgangssprache. In einigen lateinamerikanischen Varianten existiert es nicht mehr. Stattdessen nimmt die formal reflexive Fügung passivische Funktion an.
Seit vulgärlateinischer Zeit wird das indirekte Objekt mit der Präposition ad > a markiert, wie in Cid 283. Zu altspanischer Zeit wird auch das direkte Objekt so markiert, wenn es persönlich ist. Beispiele zeigen Cid 276, 280. Dies ist jedoch optional und erscheint z.B. nicht in Cid 284. Der Prozeß heißt differentielle Objektmarkierung und hat die Funktion, solche Substantive, die keine typischen Undergoer sind, als solche zu markieren. Die Markierung wird erst am Ende des Goldenen Zeitalters obligatorisch.
Schon vom 14. Jh. an und kulminierend im 16. Jh. (Klassik) gibt es im Portugiesischen wie im Spanischen latinisierende Strömungen, die lateinische Wörter entlehnen oder phonologisch-etymologisch restituieren. Dadurch werden auf der Ebene der Gebildetensprache Spanisch und Portugiesisch dem Lateinischen und einander wieder ähnlicher.
Bei weitem fruchtbarste Quelle von Lehnwörtern ist Latein. Daher zahlreiche Dubletten (vgl. zum Adstrat Latein):
Neben der ‘norma toledana’ bestand seit der Reconquista von Sevilla (1248) die ‘norma sevillana’. Ihre Eigenschaften im Vergleich zur Norma toledana sind:
Im Andalusischen wird silbenauslautendes /s/ zu [h]. Dieses schwindet optional unter Dehnung und Schließung des vorangehenden Vokals:
Durch die Kolonisierung, aber auch durch die Vertreibung der Juden im 15. und 16. Jh. wurde das Spanische getragen:
Die Kanaren waren von einem vermutlich berberischen Volk bewohnt, das Guanche sprach und von dem nur eine Pfeifsprache überliefert ist. Die Inseln wurden im 15. Jh. von Andalusien aus erobert; der einheimische Dialekt ist daher andalusisch und gewissen lateinamerikanischen Varietäten sehr ähnlich.
Lateinamerika wurde auf der Route ‘Sevilla - Kanaren - Westindische Inseln (i.e. Karibik) - Mexiko-Stadt / Lima’ besiedelt und verwaltet. Daher breitete sich die ‘norma sevillana’ in Lateinamerika aus, wurde allerdings in den Verwaltungszentren Mexiko-Stadt und Lima an die ‘norma castellana’ zurückgebunden. Daher sind einige andalusische Dialektmerkmale in Lateinamerika wie folgt verteilt:
Die Philippinen wurden im 16. Jh. ins spanische Weltreich inkorporiert. Sie wurden nach dem Krieg zwischen den U.S.A. und Mexiko 1898 selbständig. Sie wurden nicht sehr gründlich hispanisiert. Da sie über Mexiko verwaltet wurden, ist das philippinische Spanisch dem mexikanischen sehr ähnlich. Heute ist Spanisch zwar neben Englisch und Tagalog auf den Philippinen offizielle Sprache, wird aber höchstens von 10% der Bevölkerung benutzt.
Die lateinamerikanischen, vor allem portoriquenischen, Einwanderer in den U.S.A. haben ihre stark anglisierte Variante des Spanischen, die Spanglish heißt.
Schließlich gibt es auf Spanisch basierte Kreolsprachen, darunter das auf den niederländischen Antillen gesprochene Papiamento.
In der Sprachbeschreibung und -normierung gilt weitgehend noch die europäische Variante als Standard. Eurozentrischer Usus von "Amerikanismen", "Mexikanismen" etc. in Wörterbüchern, als ob nicht das europäische Spanisch in der Minderheit wäre.
Spanisch ist heute offizielle Sprache von Spanien und von 19 Staaten Amerikas.