14. Phonotaktik und Prosodie

14.1. Phonotaktik

14.1.1. Vokale

Es gibt silbische und unsilbische Vokale. Die letzteren sind die untergeordneten Bestandteile von Diphthongen.

Es gibt keine Beschränkungen über die Distribution von silbischen Vokalen, insbesondere keine Reduktion des Paradigmas in unbetonten Silben und keine Beschränkungen über das Zusammentreffen eines silbenauslautenden Vokals mit einer vokalisch anlautenden Folgesilbe. Zur Zuweisung von Vokalen bei der Syllabierung s.u.

Das System der Diphthonge ist ziemlich regelmäßig ausgebaut.

Ihm liegt das Prinzip zugrunde, daß ein Diphthong asymmetrisch und daß der weniger prominente Bestandteil ein geschlossener Vokal sein muß. Anders gesagt, nur die geschlossenen Vokale können unsilbisch sein.

Mit folgenden zwei Ausnahmen steht jedem steigenden Diphthong ein fallender Diphthong gegenüber:

Die letztere Ausnahme ist eine Reaktion auf die Tatsache, daß der Unterschied zwischen steigendem und fallendem Diphthong, wenn er denn auf Sonoranz beruht, in dieser Konstellation neutralisiert ist und nur durch Einsatz eines anderen Kriteriums (Akzentsitz) aufrechterhalten werden könnte. In unbetonten Silben, wie in ciudad, ist der Unterschied daher nicht zu hören (Alarcos Llorach 1965:187). Die genannte Regelung ist eine Festsetzung der Hochsprache zur Durchsetzung des eingangs genannten Prinzips; in der Umgangssprache herrscht in dieser Konstellation freie Variation zwischen steigendem und fallendem Diphthong.


14.1.2. Konsonanten

Distribution der Konsonanten (nach Alarcos Llorach 1965, cap. V):

Die Archiphoneme sind wie folgt konstituiert:
B: b~p
D: d~t
G: g~k
N: m~n~ñ
L: l~ʎ
R: ɾ~r.

Die wortfinalen Konsonanten sind also eine echte Teilmenge der silbenfinalen, mit Ausnahme von /χ/, welches aber in ganz wenigen Wörtern am Ende vorkommt.

Konsonantengruppen:

In der Wortmitte kommen also höchstens (heterosyllabische) Dreiergruppen zustande.

Es gibt keine Doppelkonsonanz, außer /ɾ/ vs. /r/, z.B. caro vs. carro.

Insgesamt hat also das Spanische eine sehr einfache Silbenstruktur.

14.1.3. Syllabierung

Pausen werden vernünftigerweise an Wortgrenzen gesetzt, aber nicht an allen. Die Syllabierung ignoriert die Wortgrenze als solche, allerdings natürlich nicht die Pause. Es besteht folglich Bindung (frz. liaison, span. enlace) über Wortgrenzen hinweg.

Der Hiat an der Wortgrenze ist zulässig; aber es wird nicht, wie im Deutschen, vor den anlautenden Vokal ein Glottalverschluß gesetzt.

Bei normal-raschem Sprechen wird der Hiat durch Synizese beseitigt. Näheres in Barrutia & Schwegler 1994, cap. 13.


14.2. Prosodie

14.2.1. Akzent

Der spanische Akzent ist teilweise phonologisch gebunden, teilweise frei:

In einfachen Wörtern ist also der Akzent insofern beschränkt, als er nicht vor die drittletzte Silbe fallen kann. Bei Zusammenrückungen und Klisis bekommt ein Wort den Hauptakzent, das andere behält entweder einen Nebenakzent oder ist klitisch. Auf diese Weise kann in dem Komplex ein Haupt- oder Nebenakzent auf früherer Silbe zustandekommen: fuertemente, explícamelo.

Besonders in stress-timed Sprachen wie Deutsch und Englisch sind akzentuierte Silben länger als unakzentuierte. In anderen Sprachen wie Spanisch sind alle Silben gleich lang. Monotone Intonation. Akustischer Eindruck insgesamt der eines "störrischen Maschinengewehrs".