Metapher und Metonymie sind Prozesse der Ausweitung einer Bedeutung von einer Grundbedeutung auf eine abgeleitete Bedeutung. Soweit nimmt also die Polysemie zu; und insofern sind beides Formen von Bedeutungsverallgemeinerung.
Metapher (wörtl. “Übertragung”) ist die Veränderung der Bedeutung eines Ausdrucks, wodurch er eine zusätzliche Bedeutung annimmt auf der Basis einer Ähnlichkeit (“Similarität”) zwischen dem originalen und dem neuen Designatum. Die Tabelle zeigt Beispiele aus verschiedenen Sprachen.
Bereich | Beispiele |
anthropomorph (evtl. zoomorph) | Fuß des Hügels, Tischbein, Flaschenhals |
zoomorph | Feder (zunächst keine Metapher!), Horn |
phytomorph | Zweig, Wurzel |
konkret > abstrakt | engl. grasp, catch; frz. comprendre, saisir; ital. capire; dt. begreifen, erfassen |
erleuchten, brillant, glänzend | |
bitter |
Die zwischensprachlichen Entsprechungen können unabhängige Parallelentwicklungen, aber auch Lehnübersetzungen sein.
Lehnübersetzungen liegen jedenfalls vor in: engl. skyscraper > dt. Wolkenkratzer, frz. gratte-ciel, ital. gratta-cielo.
Unabhängige Parallelentwicklungen scheinen vorzuliegen in: lat. pupilla ("Püppchen"), gr. kórē (“Mädchen”), span. niña (del ojo), port. menina (do olho) (beides “Mädchen (des Auges)”), welche alle durch Metapher “Pupille” bedeuten; und ebenso im Swahili, Chinesischen, Samoanischen u.a.
Metapher ist oft eine semantische Begleiterscheinung der Komposition. Sie liegt z.B. in Seestern und Dompfaff vor.
Zwei besondere Erscheinungsformen der Metapher sind hervorzuheben, Synästhesie und Grammatikalisierung.
Synästhesie ist zunächst die (im Extremfall pathologische) Fähigkeit (mancher Menschen), Analogien zwischen verschiedenen Sinneswahrnehmungen herzustellen, also z.B. Farben zu hören. In einem abgeleiteten Sinne ist es die Art von Metapher, bei der ein Ausdruck von einer Sinneswahrnehmung auf eine andere übertragen wird. Die folgende Tabelle enthält einige deutsche Beispiele.
Ziel Quelle |
visuell | auditiv | olfaktorisch/ gustativ | taktil |
visuell | Klangfarbe, hell, dunkel, hoch, tief | rund | ||
---|---|---|---|---|
auditiv | schreiend, knallrot, Farbton | |||
olfaktorisch/ gustativ | süß | |||
taktil | warm, kalt | weich, hart, scharf, rauh | scharf |
Wie man sieht, findet zwischen dem Gesichts- und dem Gehörssinn viel Synästhesie statt, während taktile Wahrnehmungen anscheinend kaum per Synästhesie bezeichnet werden. Solche Metaphern wie bitter “deprimierend” führen aus der Synästhesie im engeren Sinne heraus.
Grammatikalisierung wird in einem eigenen Kapitel ausführlich behandelt. In einer einfachen Variante davon nimmt ein Wort mit bislang bloß lexikalischer Bedeutung auch grammatische Funktion an. Hier sind die beiden in der Einführung behandelten Beispiele von dt. brauchen und der von-her-Konstruktion einschlägig. Brauchen hat zunächst bloß die lexikalische Bedeutung “benötigen”, gerät aber durch Grammatikalisierung in teilweise komplementäre Verteilung mit müssen und nimmt folglich auch dessen (semi-)grammatische Funktion an. Von – her hat ursprünglich bloß lokal-ablative Funktion und nimmt durch Grammatikalisierung eine limitative Funktion an. Der semantische Aspekt solcher Prozesse (die wesentlich durch ihre strukturellen Aspekte bestimmt sind) fällt in den Bereich ‘konkret > abstrakt’ der Metapher.
Metonymie ist die Veränderung der Bedeutung eines Ausdrucks, wodurch er eine zusätzliche Bedeutung annimmt auf der Basis eines faktischen Zusammenhangs (“Kontiguität”) zwischen dem originalen und dem neuen Designatum. Die Tabelle zeigt Beispiele aus verschiedenen Sprachen.
Basis | Beispiele |
Instrument | dt. Zunge, engl. tongue, lat./ital./port. lingua, gr. glôssa, russ. jazyk, sumer. eme, alle “Sprache”; ein Glas trinken; Mond "Monat" |
Ort | Hl. Stuhl, Weißes Haus |
Herkunft | Bordeaux, Picasso |
kluger Kopf | |
Tätigkeit | Wache |
Auch Metonymie spielt in der Kompositon eine große Rolle. Die Pars-pro-Toto-Beziehung liegt solchen Possessivkomposita (“Bahuvrihi”) wie Rotkehlchen, Schlitzohr, Schwarzfuß zugrunde. Eine auf der Teil-Ganzes-Beziehung beruhende Metonymie heißt auch Synekdoche.
Es besteht ein Zusammenhäng zwischen Metonymie und Ellipse, denn man kann z.B. das Weiße Haus hat verlautbart ... verstehen als verkürzt aus die Regierung im Weißen Haus hat verlautbart ...