Dokumentation der Sprache

Umgangsspanische Textprobe (Spanisch ohne Mühe, S. 286)
Noquédaríaporsaber
ða'ɾiapɔɾsa'βɛɾ
nichtweiß:ichwasgäbe:ichumwissen
“Ich weiß nicht, was ich gäbe, um zu wissen,”
loquehayquehacer
aja'θɛɾ
daswases.gibtdaßtun
“was man tun muß,”
paranodarsemartillazosenlosdedos. —
'paɾa'ðaɾsɛmaɾti'ʎaθɔsɛnlɔs'ðɛðɔs
fürnichtgeben:sichHammerschlägeindieFinger
“um sich nicht mit dem Hammer auf die Finger zu hauen.” —
Muysencillo:agarreustedelmartilloconlasdosmanos!
mwisɛn'θiʎɔa'ɣarɛus'tɛðɛlmaɾ'tiʎɔkɔnlazdɔz'manɔs
sehreinfachpacke:erSiederHammermitdiezweiHände
“Sehr einfach: fassen Sie den Hammer mit beiden Händen an.”

Beschreibung der Sprache

Situation der Sprache

Sprachname

Bei Artemidor von Ephesos (*-100) tritt der (griechische) Ausdruck Spania zur Bezeichnung von Iberien auf. Davon leiten sich ab lat. Hispānia "Iberien", Hispānus “iberisch”; vulgärlat. Spania. Das Deminutiv Spaniolus “Spanier, spanisch” ergibt das spanische Wort español. Das Adjektiv lat. Hispānicus / vulg.-lat. Spanicus wird im Deutschen spanisch.

Der Ausdruck Iber ist ursprünglich ein protobaskisches Wort der Bedeutung “Fluß”, das in dem Namen Ebro fortlebt. Es findet sich bei dem griechischen Geographen und Historiker Hekataios von Milet (*-540) zur Bezeichnung der Bewohner Iberiens. Dieses Wort geht mit derselben Bedeutung ins Lateinische; von ihm ist dann u.a. Iberia “Iberien (i.e. die Pyrenäenhalbinsel)” abgeleitet.

Auf Spanisch hieß die Sprache noch zu altspanischer Zeit Ladino “Latein”, was später nur noch als Bezeichnung eines Dialekts überlebte. Seit der Dominanz des Kastilischen hieß sie Castellano, i.e. Kastilisch. (Der Landschaftsname Castilia bedeutet ursprünglich “Burgenland”.) Dies ist i.e.S. der Dialekt, der der Hochsprache zugrundeliegt. Im Sinne der Stärkung der Nation wurde 1925 der Terminus español dekretiert. Dies hatte, mindestens ursprünglich, durchaus die Konnotation “Sprache Spaniens”, weshalb in den nicht-kastilischen Regionen Spaniens sowie in Teilen Lateinamerikas bis heute manchmal lieber castellano gesagt wird.

Ethnographische Situation

Sprachgebiet

Spanien, Amerika vom Süden der USA bis Feuerland außer Brasilien; versprengt in anderen Erdteilen, z.B. Philippinen.

Karte des Sprachgebiets aus Wikimedia Commons 2009.

Sprachgemeinschaft

Ursprünglich die Römer in Iberien und die romanisierten Iberer und Keltiberer, die in der Folge gotisch und maurisch überlagert wurden. Seit der Conquista von Lateinamerika ethnisch heterogen.
Im Jahre 2009 455 Mio. Muttersprachler (Wikipedia).

Genetische Situation

Extern

Die genetische Einordnung des Kastilischen in die Romania ergibt sich aus der Gliederung der Romania. Die genetische Zuordnung der romanischen Sprachen wiederum ist gleich der des Lateinischen.

Fazit: Kastilisch ist eine west-rand-romanische Sprache und unter diesen eine zentral-iberoroman. Sprache. Engste Verwandschaft über die anderen spanischen Dialekte hinaus: Katalanisch einer-, Lusoromanisch andererseits.

Intern: Dialekte

Nachdem das Mozarabische (s. §1.4) unter den Mauren ausgestorben war, bestanden neben dem Kastilischen (Zentrum in Burgos) in Spanien ursprünglich Asturo-Leonesisch und Navarro-Aragonesisch. Diese werden bis heute vom Kastilischen verdrängt. Die Juden, die 1492 aus Spanien vertrieben wurden und sich in Südosteuropa und Marokko niederließen, nahmen eine (mittlerweile altertümliche) Varietät mit, das Ladino, Spaniolische oder Judenspanische. Das Andalusische entwickelte sich nach der Reconquista (s. nächsten Abschnitt) als Varietät des Kastilischen.

Die lateinamerikanischen Dialekte beruhen zum großen Teil auf dem Andalusischen. Heute gelten als lateinamerikanische Norm des Spanischen die Dialekte von Bogotá und Mexico-Stadt.

Die lateinamerikanischen, vor allem portoriquenischen, Einwanderer in den U.S.A. haben ihre stark anglisierte Varietät des Spanischen, die Spanglish heißt.

Schließlich gibt es auf Spanisch basierte Kreolsprachen, darunter das auf den niederländischen Antillen gesprochene Papiamento.

In der Sprachbeschreibung und -normierung gilt weitgehend noch die europäische Varietät als Standard. In Wörterbüchern werden Varianten immer noch – leicht eurozentrisch – als "Amerikanismen", "Mexikanismen" etc. bezeichnet, als ob nicht das europäische Spanisch in der Minderheit wäre.

Kulturelle Situation

Die prähistorische Bevölkerung Iberiens war vermutlich aus Afrika eingewandert. Sie stellte die diversen Gruppen der Iberer. Iberisch ist evtl. mit Berber genetisch verwandt, jedoch (lt. Tovar und Vennemann) nicht die Vorform von Baskisch, sondern mit Vaskonisch nur areal verwandt. Auf den Kanaren wurde bis zur Ankunft der Spanier das Guanche gesprochen, das berberischen Ursprungs sein kann.

Die ersten Indogermanen, die (über die Pyrenäen) nach Iberien kamen, kamen vermutlich Anfang des 2. Jt. und wurden die Lusitaner. Die nächsten waren Kelten, "Keltiberer". Sie teilten sich mit den Iberern die Halbinsel. Ab etwa -1.000 errichten die Phönizier Kolonien in Iberien. Spätestens seit -300 kamen Punier.

Im Nordwesten (Kantabrien) wurde in vorhistorischer Zeit eine indogermanische Sprache gesprochen, die nicht notwendigerweise keltiberisch, sondern "parakeltisch" (Tovar) ist. Sie erscheint in lateinischen Inschriften der Region der zwei Jahrhunderte v.Ch. Sie ist das Substrat für das ursprüngliche (Lateinisch-)Kastilisch.

Die römische Kolonisierung Spaniens begann mit dem 2. Punischen Krieg (218-202). Sie war 15 v.Ch. (im Nordwesten Iberiens) militärisch abgeschlossen. Die einheimischen Sprachen außer Baskisch wurden bald ersetzt. Die Romanisierung geht im Süden schnell, im Zentrum, Westen und Norden langsamer vonstatten. Es gibt dort lusitanische und keltiberische Inschriften noch im 1. Jh. n.Ch.; die Sprachen wurden auf den Dörfern evtl. noch bis ins Mittelalter gesprochen. Im Süden löste Rom einfach die Karthager ab und übernahm die von ihnen eingeführten Strukturen. Im 1. Jh. v.Ch. wurde in Córdoba Latein gesprochen. Somit ist Iberien das älteste lateinsprachige Land nach Italien. Im Osten (in iberischem Gebiet) kommt die iberische Schrift zur Zeit des Kaisers Tiberius (14 - 37 n.Ch.) außer Gebrauch. Früh tragen alle Personen römische Namen.

Die folgenden röm. Schriftsteller waren Spanier:

Seneca der Ältere (Rhetor)-54 - 39
Seneca der Jünger (Stoiker)-4 - 65
Lucan (Epiker)39 - 65
Martial (Epigrammatiker)42 - 104

Das hispanische Vulgärlatein (= Ur-Ibero-Romanisch) hat einige frühe spezifische Züge. In Inschriften erscheinen filias, amicas als Nom.Pl. Im 2./3. Jh. gibt es Anzeichen intervokalischer Verstimmhaftung. Andererseits ist es in mehreren Zügen archaisch. Z.B. hat das Lexikon ir “gehen”, comer “essen”, wo zentrale romanische Sprachen Neuerungen haben.

Ab 409 erobern die Westgoten Spanien und errichten die Hauptstadt in Toledo. Sie vermischen sich jedoch, hauptsächlich aus religiösen Gründen (sie waren Arianer), kaum mit der besiegten Bevölkerung, so daß der Einfluß des Gotischen auf das Spanische gering bleibt.

Seit Anfang des 8. Jh. setzen sich die Mauren (span. moro “Araber, Berber”) in Iberien fest (711 Schlacht bei Jerez de la Frontera). Seit 929 besteht das Kalifat von Córdoba. Die maurische Eroberung ist 932 i.w abgeschlossen. Sie reicht ungefähr bis zum Duero. Nordöstlich davon halten sich die Basken (die sich bereits der Romanisierung widersetzt hatten), nordwestlich davon halten sich die gotischen Fürstentümer und entwickelt sich das Königreich Kastilien. Im Süden der Halbinsel wird Mozarabisch gesprochen.

Mozarabisch ist die von Christen unter maurischer Herrschaft (seit 711) gesprochene iberoromanische Sprache. Nur ganz wenige Texte sind erhalten. Sie heißen auf Kastilisch jarchas und stammen aus dem 11. und 12. Jh. Es handelt sich um die Endstrophen von im übrigen arabischen Liebesgedichten, die in arabischer oder hebräischer Schrift geschrieben, also nicht vokalisiert sind. Alle anderen mozarabischen Zeugnisse sind Zitate und Einsprengsel in fremdsprachigen, vor allem arabischen Texten.

Im Süden der iberischen Halbinsel herrscht ein mozarabisch-arabischer Bilinguismus. Mozarabisch ist der Vermittler der vielen arabischen Lehnwörter ins Spanische. Im 10. Jh. vernichten die Mauren die mozarabische Kultur größtenteils; seit ca. 1100 wird Mozarabisch nicht mehr gesprochen.

Mozarabisch ist im Vergleich zu den gleichzeitig bezeugten iberoromanischen Sprachen ziemlich altertümlich. Es ist den anderen iberoromanischen Sprachen ähnlicher als das Kastilische und ist keine Vorstufe des letzteren. In der folgenden Vergleichstabelle sind altkastilische (also mit den mozarabischen einigermaßen gleichzeitige) Formen aufgeführt; die modernen wären noch unähnlicher.

Mozarab.Portug.Katalan. Kastil.Bedeutung
zarralyaserralhacerrajaGänsedistel
enfilyatafilhadoafijadoPatenkind
medalyamedalhamedallameajaMünze
velyovelhovellviejoalt
feitofeitofetfechogemacht
leiteleitelletlecheMilch
noitenoitenitnocheNacht

Andererseits beginnt 1031 der Zerfall des Kalifats und die Reconquista von Kastilien her. 1469 Vereinigung der Königreiche von Kastilien und Aragonien. 1492 Abschluß der Reconquista. Infolge der (im Süden) maximal 781 Jahre dauernden Maurenherrschaft ist der Einfluß des Arabischen auf das Spanische enorm (s.u.).

Perioden der spanischen Sprachgeschichte
BeginnEndePeriode
-202300Vulgärlatein
300900Ur-Iberoromanisch
9001000Hispanisches Romanisch
10001525Altkastilisch
15251700Mittelkastilisch
1700-Modernes Kastilisch

Die ältesten spanischen Schriftzeugnisse sind die seit dem 10. Jh. auftretenden Glossen:

Kastilisch ist ursprünglich ein um Burgos und Santander zentrierter nordspanischer (überwiegend kantabrischer) Dialekt, der phonologisch stark neuert. Die sprachlichen Neuerungen gehen im 10. und 11. Jh. von Burgos aus. Einige der kastilischen Eigenheiten (Fünfvokalsystem, Fusion stimmhafter in stimmlose Obstruenten) sind wohl vom Baskischen beeinflußt.

Da die Kastilier in der Reconquista führend sind, setzt sich seit Mitte des 11. Jh. das Kastilische gegenüber den anderen iberoromanischen Varietäten durch. Insbesondere ist es sogar in Zentralspanien (z.B. um Toledo herum) historisch sekundär. Sowie ab 1035 (Ferdinand I.) Kastilien seine Macht ausdehnt, absorbiert Kastilisch einerseits Leonesisch-Asturisch und andererseits Aragonesisch weitgehend und macht erst vor Galizisch-Portugiesisch einerseits und Katalanisch andererseits Halt. Leonesisch hat ursprünglich zahlreiche Gemeinsamkeiten mit Galizisch bewahrt, wird ab dem 13. Jh. jedoch total vom Kastilischen überlagert.

Aus dem 9. bis 12. Jh. sind zahlreiche Verträge erhalten. Sie sind von Anfang an auf iberischem Latein bzw. latinisiertem Kastilisch abgefasst. Einige der frühesten kastilischen Passagen erscheinen im Fuero de Nájera (westl. Logroño) von 1076 und in den Fueros y privilegios del monasterio de Cillaperil (südl. von Santander) von 1110. Von 1129 an (Fueros de Medinaceli) werden diese Texte zunehmend ganz auf Kastilisch abgefasst. Die frühesten aragonesischen Texte sind wohl die Documentos notariales de Aragón von 1062-1090.

Im 12. Jh. gibt es auch erste örtliche Gesetzessammlungen auf Kastilisch. Kastilisch wird Literatursprache seit dem Poema de Mio Cid (anonymes Nationalepos, 1207 abgefasst, Manuskript von 1235) und König Alfons dem Weisen (1252-84). Bei Vereinigung der Königreiche von Kastilien und Aragón (1469) wird Kastilisch zur nationalen Schriftsprache.

Schon vom 14. Jh. an und kulminierend im 16. Jh. (Klassik) gibt es im Portugiesischen wie im Spanischen latinisierende Strömungen, die lateinische Wörter entlehnen oder phonologisch-etymologisch restituieren. Dadurch werden auf der Ebene der Gebildetensprache Spanisch und Portugiesisch dem Lateinischen und einander wieder ähnlicher.

Alle drei Varietäten gelangten in die Neue Welt.

1550-1650 Siglo de Oro, Blüte der Literatur, vor allem des Theaters. Miguel de Cervantes Saavedra 1547-1616.

Durch das Vordringen des Kastilischen wie ein Keil in Iberien wird die Sprachlandschaft zerklüftet. Hätte es die Conquista (Überrennung des lateinisch gebildeten Südens) und Reconquista (Verbreitung des stark vom Substrat beeinflußten Iberoromanischen des Nordens) nicht gegeben, so wäre Iberoromanisch in sich einheitlicher und dem restlichen Romanischen ähnlicher.

Im späten 18. und frühen 19. Jh. Einfluß der französischen Kultur; zahlreiche Gallizismen; Vereinfachung des (ehemals ciceronianischen) Satzbaus.

Im 19. Jh. gibt es autoritäre zentralistische Gesetze, die Kastilisch in ganz Spanien gegen die "hablas minoritarias", will sagen: Galizisch, Katalanisch und Baskisch, in allen Lebensbereichen, insbesondere in den Schulen, durchdrücken sollen. So auch im 20. Jh. unter Primo de Rivera und Franco. Erst seit der Wiedereinführung der Demokratie (1978) herrscht wieder Sprachfreiheit in Spanien.

Soziale Situation

Extern

Seit der Romanisierung Spaniens sind Tartessisch, Protoiberisch, Keltiberisch, Punisch und Griechisch dort Substratsprachen. Alle werden nach Augustus nicht mehr geschrieben.

Seit 409 ist Gotisch, seit 711 Arabisch Superstrat.

Spanisch ist Amtssprache in 21 Ländern, nämlich außer in Spanien in allen Ländern Mittel- und Südamerikas außer Brasilien sowie in Äquatorialguinea. In anderen Erdteilen ist es seit Ende der Kolonialzeit auf dem Rückzug. Außerdem ist Spanisch Amtssprache mehrerer internationaler Organisationen.

Spanisch ist heute in Spanien Superstratsprache für Baskisch und Katalanisch, außerhalb Europas für zahlreiche einheimische Sprachen, die zu seinen Gunsten aussterben. Allerdings leisten in einigen lateinamerikanischen Staaten die autochthonen Sprachen seit der Conquista z.T. anhaltenden Widerstand. So werden z.B. in Mexiko von der Landbevölkerung heute noch aztekische und Maya-Sprachen als erste Sprache gesprochen. Ähnlich Quechua und Aymara in Peru, Bolivien, Ecuador.

Wie für alle romanischen Sprachen ist auch für das Spanische das Latein allgegenwärtiges Adstrat.

Intern: Soziolekte

Kastilisch wird in Spanien normiert durch die Real Acadamia de la Lengua (seit 1714). Da dies die einzige normierende Instanz im spanischsprachigen Raum ist, gilt Kastilisch als die Norm in diesem Raum, obwohl de facto die meisten Varietäten in bestimmten Eigenschaften – teilweise sogar gemeinsam – vom Kastilischen abweichen (vgl. auch oben zu den Dialekten). Über Soziolekte ist wenig bekannt.

System der Sprache

Ausdruckssysteme

Phonologie

Inventar
Spanisches Phonemsystem
          Artikulationsstelle
Artikulationsart
labialdentalpalatalvelar
okklusiv stl.ptk
  sth.b~βd~ðg~ɣ
frikativ/affrikat fθ / sʧx~χ
nasal  mnɲ
liquid laterallʎ
vibrantr / ɾ
Halbvokal  jw
Vokal geschlosseniu
mitteleo
offena
Vokalismus

Schlichtes Fünfvokalsystem. Es gibt keine phonemische Vokallänge und phonetisch keine Dehnung von Vokalen in offenen Silben. Daher ist – anders als z.B. im Italienischen (und erst recht im Deutschen!) – das [a] von ['laɣɔ] (“See”) nicht länger als das von ['laɾɣɔ] (“lang”). Das System der Diphthonge ist sehr regelmäßig.

Konsonantismus

Das Hochkastilische ist ziemlich reich an Frikativen, obwohl sich kein ererbtes anlautendes /f/ erhalten hat (> h > 0). Komplexester Laut: palatales l [ʎ], außerhalb des Hochkastilischen zu /j/ oder /ʒ/ vereinfacht.

Kastilische Minimalpaare (ceceo)
FormBedeutungFormBedeutung
cimaGipfelsimaAbgrund
cazaJagdcasaHaus
Kombinatorik

Einfache Silbenstruktur. Es gibt keine Doppelkonsonanz, außer /ɾ/ vs. /r/, z.B. caro vs. carro. Keine Vokalreduktion in unbetonten Silben. Monotone Intonation. Akustischer Eindruck insgesamt der eines "störrischen Maschinengewehrs".

Akzent teilweise phonolog. gebunden, teilweise frei:

Freier Akzent im Spanischen
Antepänultima PänultimaUltima
continuostetig continúoich fahre fort continuóer fuhr fort
ánimoMut animoich ermutige animóer ermutigte
cántaraKrug cantaraer sänge cantaráer wird singen

Schrift

Kurze Darstellung des spanischen Schriftsystems

Semantisches System

Grammatik

Morphologie

Flexion

Drei Konjugationen. 900 unregelmäßige Verben. Extensive periphrastische Konjugation:

Periphrastische Konjugation im Spanischen
Kategorie Beispiel
Progressiv Juan está leyendo un libro.
"Hans liest gerade ein Buch."
Inkrementiv Juan fué comprendiendo la história.
"Hans verstand die Geschichte nach und nach."
Konstantiv Juan anda contando historias.
"Hans erzählt ständig Geschichten."
Kontinuativ Juan continuó leyendo.
"Hans las weiter."
Repetitiv Juan volvió a leer el libro.
"Hans las das Buch wieder."
Exitiv Juan acabó leyendo todo el libro.
"Hans las schließlich das ganze Buch."
Präteritum
Recens
Juan acababa de leer el libro.
"Hans hatte soeben das Buch gelesen."
Habitual Juan suele madrugar.
"Hans steht gewöhnlich früh auf."
IngressivJuan se pone a leer un libro.
“Hans beginnt, ein Buch zu lesen.”

Im Präteritum gibt es die durch illustrierte Opposition zwischen imperfektivem (a) und perfektivem (b) Aspekt.

a.Me encontré a Pedro cuando iba al colegio.
Span‘I met Peter when I was going to the college.’
 b.Me encontré a Pedro cuando fui al colegio.
‘I met Peter when I went to the college [i.e. in the college]’

Deklination: Zwei Genera, wie Französisch. Plural immer auf -s, wie im Englischen.

Personalpronomen: usted "Sie" < vuestra merced "Euer Gnaden". 2.Pl. in Lateinamerika nur ustedes, nicht mehr vosotros. Daher auch im Verb keine 2.Pl. mehr.

Das System der Demonstrativa beruht auf Distanzdeixis:

Spanische Demonstrativa
DistanzDemonstrativumBedeutung
proximalestedieser (hier)
medialesedér (da)
distalaqueljener (dort)

Zur Wortbildung s. 2.2.2.2.

Morphologischer Typ

Ziemlich analytische Morphologie. Syntheseindex 2 : 1.

Syntax

Das System der Fundamentalrelationen ist akkusativisch. Die Konstruktion der syntaktischen Relationen entwickelt sich von exzentrisch zu konzentrisch.

Die Verbendungen repräsentieren das Subjekt hinreichend, so daß (anders als im Französischen) kein pronominales Subjekt benötigt wird.

Zwei Kopulae: ser "sein" (Klasseninklusion, Eigenschaft), estar "sich befinden" (Zustand, Befindlichkeit).

B1.a. Madrid es la capital.
"Madrid ist die Hauptstadt."
b.Madrid está en España.
"Madrid ist in Spanien."

B2.a. Juan era amable.
"Hans war liebenswürdig (von Charakter)."
b. Juan estaba amable.
"Hans war (zu dem Zeitpunkt) liebenswürdig / befand sich in liebenswürdiger Verfassung / benahm sich liebenswürdig."

Indef. Artikel hat Plural.

B3.a. un martillo “ein Hammer”
b. unos martillos “(gewisse) Hämmer”

Differentielle Objektmarkierung

Das direkte Objekt wird mit der Präposition a (die sonst das indirekte Objekt bezeichnet) markiert, wenn es hoch auf der Empathiehierarchie ist.

B4.a. viunmartillo
sah:icheinHammer
"ich sah einen Hammer"
b. viatuhermana
sah:ichzudeinSchwester
"ich sah deine Schwester"

Weiteres zur grammatischen Entwicklung des Spanischen.

Lexikon

Herkunft des Bestands

Nur wenige spanische Wörter können sicher als Lehnwörter aus dem Iberischen identifiziert werden:

Iberische Wörter im Spanischen
vega"Aue"
manteca"Schmalz"
izquierdo"link"

Einige Wörter mehr sind keltiberischen Ursprungs:

Keltische Lehnwörter im Französischen und Spanischen
Keltisch*FranzösischSpanischBedeutung
alaudaafrz. aloe, nfrz. alouettealondraLerche
cambiarechangercambiarwechseln
cambitajanteFelge
camisachemisecamisaHemd
camminuschemincaminoWeg
carruscharcarroKarren
carrucacharrue-Pflug
cer(e)visiaaltfr. cervoisecervezaBier
rigaraiearrugaFurche, Scheitel, Streifen
ruscaruche-Bienenkorb
*soccussoc-Pflugschar

*latinisiertes Keltisch

Etwa 300 Wurzeln westgotischer Herkunft. Mehrere davon finden sich auch in anderen romanischen Sprachen.

Germanische Lehnwörter in romanischen Sprachen
germanisch kastilischitalienischfranzösischBedeutung
ahd. her(i)bergaalberguealbergoaubergeHerberge
*bier-birrabièreBier
blankblancobiancoblancweiß
frankfrancofrancofrancfrei
rīkricoriccorichereich
roberoparobarobeKleid
got. *spáura
fränk. *sporo
espuerasp(e)roneéperonSporn
wardguardiaguardiagardeWache
*werreguerraguerraguerreKrieg

Die folgenden sind vorwiegend ibero-romanisch:

Gotische Wörter im Iberoromanischen (nach Tagliavini 1972:306)
gotisch Bedeutung Spanisch Portugiesisch Bedeutung
krappa Eisenklammer grapa grampo Krampe
triggwa Waffenstillstand tregua trégua Waffenruhe
garws Schmuck garbo garbo Anmut
gansus Gans ganso ganso Gans
hagja Schützer aya aia Kinderfrau
lôfa flache Hand altsp. lu(v)a luva Handschuh

Da die ersten drei Wörter auch im Italienischen vorkommen, können sie auch über das Italienische nach Iberien gekommen sein.

Es gibt etwa 1500 Wörter arabischer Herkunft:

Arabische Lehnwörter im Spanischen
Arabisch Bedeutung Spanisch Bedeutung
aceite Öl
algodón Baumwolle, Watte
arroz Reis
al-bannāʔ Maurer albañil Maurer
al-ğabr Reduktion algebra Algebra
al-iksīr Stein der Weisen elixir Elixir
al-kīmīyā Stein der Weisen alquimia Alchimie
al-kuḫl Kosmetikpulver alcohol Alkohol
al-manāḫ Kalender almanaco Almanach
al-maḫzan Speicher almacén Lager
al-qāḍī Richter alcalde Bürgermeister
al-qalʕa Festung Alcalá [Toponym]
as-simūt Richtung acimut Azimut
as-sukkar Zucker azúcar Zucker
az-zaʕfarān Safran azafrán Safran
dīwān Büro aduana Zoll
funduq Herberge fonda Herberge
ṣifr leer; null cero null
cifra Ziffer
nāh/azm al-fīl Zahn/Knochen des Elefanten marfil Elfenbein
wād(i) al-kabīr der große Fluß Guadalquivir [Hydronym]
zahr Würfel azar Zufall

In vielen Wörtern arabischen Ursprungs ist der definite Artikel al/aK- agglutiniert, und zwar im Iberoromanischen viel regelmäßiger als in den anderen europäischen Sprachen, die aus dem Arabischen entlehnt haben.

Ausführlich hierzu Tagliavini 1972:312-320.

Die bei weitem fruchtbarste Quelle von Lehnwörtern ist Latein. Daher bestehen zahlreiche Dubletten, von denen das eine Element ererbt, das andere ein jüngeres Fremdwort ist. Näheres und Beispiele auf der Seite über Latein als Adstrat der romanischen Sprachen.

Wortbildung

Umfangreiche Derivation, z.B. Deminutiv auf -ito (chiquito), -illo, -iño, Augmentativ auf -ón (padrón). Kaum Komposition.

Kommentare zur Sprachbeschreibung

Forschungsgeschichte

Antonio de Nebrija (ca. 1444 - 1522) begründet durch seine Gramática de la lengua española 1492 nebst Wörterbuch die spanischsprachige Grammatik und Lexikographie. 1771 publiziert die Real Academía de la Lengua Española die erste Akademie-Grammatik.

Friedrich Diez begründet die Romanistik durch seine dreibändige Grammatik der romanischen Sprachen (1836-44) und sein zweibändiges Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen (1853). Weitere Meilensteine in der Beschreibung des Spanischen sind die Gramática de la lengua castellana destinada al uso de los Americanos, die der venezolanische Humanist und Gründer der Universidad de Chile, Andrés Bello (1782-1865) 1847 publizierte, sowie die Orígenes del español von Ramón Menendez Pidal (1926). Zu Beginn des 21. Jh. kann das Spanische als relativ gut beschriebene Sprache gelten, wenn auch die lateinamerikanischen Varietäten noch umfassender erforscht werden müssen.

Ort dieser Darstellung

Ziel dieser Darstellung ist es, einen gerafften, aber umfassenden Überblick über die spanische Sprache als ganze zu geben, in einem Umfang, der für eine Sitzung einer Lehrveranstaltung ausreicht, und in einem Allgemeinheitsgrad, der es gestattet, den Platz der spanischen Sprache in der Welt einzuschätzen und sie mit anderen Sprachen zu vergleichen. Die Systematik folgt dem separat dargestellten Schema.

Die Grundlage des Vorangehenden sind überwiegend Werke der Sekundärliteratur wie insbesondere die in Abschnitt IV aufgeführten. Daneben stehen eigene Datenerhebungen.

IV. Literaturhinweise

Bello, Andrés & Trujillo, R. 1981, Gramática de la lengua castellana. Tenerife: Instituto Universitário de Lingüística.

Entwistle, William J. 1969, The Spanish language, together with Portuguese, Catalan, Basque. London: Faber & Faber (The Great Languages). 2. ed.

García de Diego, V. 1951, Gramática histórica española. Madrid: Gredos.

Green, John N. 1989, "Spanish". Comrie (ed.) 1989[w]:236-259.

Lapesa, Rafael 1980, Historia de la lengua española. Madrid: Gredos (Bibl. Rom. Hisp., III. Manuales, 42). 8. ed., refundida.

Lapesa, Rafael 1985, Estudios de historia lingüística española. Madrid: Paraninfo.

Messner, Dieter & Müller, Hans-Joachim 1983, Ibero-Romanisch. Einführung in Sprache und Literatur. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Tovar, Antonio 1989, Einführung in die Sprachgeschichte der iberischen Halbinsel. Das heutige Spanisch und seine historischen Grundlagen. Übersetzt und herausgegeben von Hansbert Bertsch. Tübingen: G. Narr (TBL, 90). 3. Aufl.