Viele Begriffe, mit denen wir täglich hantieren, sind nicht klar gegeneinander abgegrenzt. Die Wissenschaft hat sich dieses Problems schon lange angenommen. Nach einer weithin akzeptierten Auffassung ist zwischen kategorischen und prototypischen Begriffen (→ ausführliche Darstellung) zu unterscheiden:

Viele Menschen finden es schwer, mit prototypischen Begriffen zu leben. Für sie ist etwas entweder schwarz oder weiß; die wunderbare Welt der Zwischentöne entgeht ihnen. Das betrifft alle Lebensbereiche: Jemand ist entweder ein Christ, oder er ist kein Christ; etwas ist gut oder schlecht; dazwischen gibt es nichts. Menschen, die solchen kategorischen Entscheidungen ausweichen, sind in den Augen der Kategorialisten prinzipienlose Weicheier.

Zwischen der Menge solcher Kategorialisten und der Menge der politisch Korrekten gibt es eine nennenswerte Schnittmenge. Personen in dieser Schnittmenge sind auf einer höheren Stufe politisch korrekt: sie verbieten nicht nur den Gebrauch von Tabuwörtern, sondern sogar das Denken von Begriffen, die von tabuisierten Wörtern bezeichnet werden (→ zur Unterscheidung). D.h. sie ersinnen nicht, wie sonstige politisch Korrekte, Euphemismen für Tabubegriffe, um die Tabuwörter zu meiden. Sondern sie leugnen die Existenz von Phänomenen, die unter einen tabubehafteten Begriff fallen, und verbannen folglich den Begriff aus dem Denken. Die Frage eines politisch korrekten Ausdrucks für den Begriff stellt sich nicht, weil es den Begriff gar nicht gibt.

Ein Beispiel für von dieser Art von politischer Korrektheit betroffene Begriffe ist der der Rasse. Der Begriff ist tabubehaftet, weil er in vielen Zeiträumen und Weltgegenden mit der Absicht auf Menschen angewandt wurde, zwischen Menschenrassen qualitative Unterschiede zu machen und als minderwertig betrachtete Rassen zu unterdrücken oder gar auszulöschen. Es braucht an dieser Stelle nicht vertieft zu werden, dass Rassismus eine der niederträchtigsten Varianten menschlicher Bosheit ist. Zur Diskussion steht hier nicht, ob Rassismus eine rationale oder ethische Grundlage hat – selbstverständlich hat er keine –, sondern ob es Menschenrassen gibt. Wenn es keine gibt, ist natürlich der Rassismus gegenstandslos. Wenn es welche gibt, hat er wenigstens ein Ziel.

Die politisch Korrekten behaupten also, es gebe keine Rassen, um dem Rassismus den Boden zu entziehen. Beispiele für diese Haltung sind mittlerweile Legion. Die Behauptung findet sich seit Jahrzehnten in angesehenen anthropologischen Museen. Sie wird breit ausgeführt im Wikipedia-Artikel über ‘Rasse’ (16.06.2020). Sie liegt einer Initiative mehrerer Mitglieder des Deutschen Bundestages im Juni 2020 zugrunde, die den Wortlaut von Artikel 3 des Grundgesetzes ändern wollen. Da heißt es bisher, dass niemand wegen seiner Rasse benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Die Initiatoren wollen die Rasse aus dem Katalog der Kriterien für Ungleichheit streichen.

Hierzu ist mehreres zu sagen:

Und schließlich: Ich halte mich im Ausland auf, z.B. in Portugal. Ich werde gelegentlich im öffentlichen Raum von Portugiesen angesprochen. Ohne Ausnahme sprechen sie mich auf Englisch an; keiner redet mich auf Portugiesisch an. Und dies, obwohl ich keine der touristentypischen Accessoires (vom Baseballcap über den Rucksack und die Bermudashorts bis zu bloßen Füßen in Sandalen) an mir habe und auch keinen Ton von mir gebe. Woher also wissen sie, dass ich kein Portugiese bin? Ich bin froh, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Gemeinschaft (ebenso wie das deutsche Grundgesetz) die Diskriminierung von Rassen verbietet.