Es ist eingangs an den Gegensatz zwischen Semasiologie und Onomasiologie zu erinnern. Die (semasiologische) grammatische Analyse, mit der wir uns in Kap. 2 befaßt haben, setzt strukturell begründete elementare Begriffe voraus. Wir haben ganze Analysemodelle kennengelernt, die auf formalen Begriffen wie dem Morphem, der syntaktischen Kategorie, der Dependenz fußen. In diesem Kapitel stehen wir vor der umgekehrten Aufgabe. Die funktionale (onomasiologische) Betrachtungsweise setzt die sprachlichen Funktionen voraus und geht von da zu den Strukturen über. Folglich müssen hier die Grundbegriffe funktioneller Natur sein. Bevor wir zu den einzelnen funktionalen Bereichen kommen, klären wir zunächst den Begriff der sprachlichen Funktion und die methodologischen Voraussetzungen der Rede von sprachlichen Funktionen.

Sprachliche Funktionen

Jede Rede von sprachlichen Funktionen setzt eine Sprachtheorie voraus. Dies ist nicht nur notwendig, um die Funktionen der Sprache angeben zu können, sondern bereits, um allererst behaupten zu können, Sprache erfülle irgendwelche Funktionen. Es gibt ja linguistische Modelle wie etwa den amerikanischen Strukturalismus einschließlich der generativen Grammatik, wo bereits dieses Postulat bestritten wird. Es geht hier nicht darum, diese sprachtheoretische Auseinandersetzung zu führen, sondern lediglich darum, die sprachtheoretischen Vorannahmen explizit zu machen.

Sprache ist das unbeschränkte Schaffen von interindividuell verfügbaren Bedeutungen, das sind Bedeutungen von Zeichen. Diese Tätigkeit ist zielgerichtet und deshalb systematisch. Sie hat zwei hierarchisch gleichgeordnete oberste Ziele, die aus der gegebenen Definition hervorgehen: die Erkenntnis (wegen "Bedeutungen") und die Kommunikation (wegen "interpersonal"). Die beiden obersten Funktionen der Sprache heißen daher die epistemische (oder kognitive) und die kommunikative (oder soziale) Funktion. Das Modell ist in folgendem Diagramm veranschaulicht; die Tabelle darunter charakterisiert seine zwei Hauptdimensionen näher.

Zweifunktionenmodell der Sprache
Welt
|
epistemische Funktion
| soziale
Sprachtätigkeit
Funktion
Mitmensch
epistemisch:kognitiv
objektiv
sozial:interpersonal
kommunikativ
subjektiv

Alle sprachlichen Funktionen stehen in einer Funktionenhierarchie. D.h. alle spezifischeren Funktionen, wie etwa das Referieren, Aussagen, Quantifizieren usw., sind auf die beiden obersten Funktionen hingeordnet. Freilich kann der Aufbau dieser Hierarchie beim derzeitigen Stand der Sprachtheorie noch nicht ganz explizit gemacht werden.

Die logische Form der Hierarchie kann man sich in Anlehnung an andere zielgerichtete menschliche Tätigkeiten klarmachen, z.B. das Autofahren. Als oberstes Ziel könnten wir hier die Fortbewegung ansetzen. Ein untergeordnetes Ziel wäre z.B., das Auto in Bewegung zu setzen. Dazu wäre wiederum das Einkuppeln vorausgesetzt, und dazu bestimmte Fußbewegungen. Die logische Struktur dieser Hierarchie ist die folgende: Auf den nicht-extremen Ebenen der Hierarchie ist jede Aktion gleichzeitig ein Ziel für die nächst untergeordnete Ebene, jedoch ein Mittel für die nächst übergeordnete Ebene. Ferner werden die obersten Ziele bewußt und in völliger Freiheit angestrebt, die hierarchich niedrigsten Mittel dagegen werden ganz automatisch eingesetzt, und dazwischen herrscht ein Übergang. Weiteres zur funktionellen Hierarchie anderswo.

In der Sprache ist es ganz ähnlich. Der Erkenntnis als oberstem Ziel ist z.B. die Begriffsbildung untergeordnet. Diese ist wiederum eine Funktion, zu deren Erfüllung eine Reihe sprachlicher Operationen eingesetzt werden, wie z.B. die Nominalisierung von Verben (bilden - Bildung). Die Nominalisierung erscheint ihrerseits als eine Funktion, der bestimmte Strukturprozesse wie etwa die Derivation auf -ung als Mittel dienen; und dazu müssen wieder bestimmte phonologische Prozesse in Gang gesetzt werden, usw.

In der obigen Definition von Sprache als zeichenschaffende Tätigkeit war auch enthalten, daß sie unbeschränkt sei. Das bedeutet, daß der Mensch sie zu allen möglichen mit den beiden obersten Zielen oder den sonstigen Eigenschaften von Sprache vereinbaren sekundären Zielen und Funktionen einsetzen kann.1 Er ist darin so frei, wie seine eigene Veranlagung und seine Gesellschaft ihn sein lassen. Freilich kann nicht alles, was jemandem gerade einfällt, sich in der Struktur des Sprachsystems niederschlagen. Die Sprache gestattet Kreativität, aber sie ist nicht selbst kreativ. Die Struktur des Sprachsystems wird im Gegenteil geprägt von den Ausdrucksbedürfnissen, die in der Sprachtätigkeit immer wieder anfallen, die sich aus dem Funktionieren des Systems selbst notwendigerweise ergeben. Es sind die Funktionen, die man beim Sprachvergleich immer wieder in den Grammatiken repräsentiert findet. Sie sind so zentral für die Sprachtätigkeit, daß sie - psychologisch betrachtet - automatisiert und - linguistisch betrachtet - im Sprachsystem verankert werden.

Methodologisch ist hier wichtig, daß man nicht sprachliche Funktionen in reiner Deduktion postuliert. D.h. man errichtet nicht eine sprachliche Funktionenhierarchie durch begriffliche Analyse dessen, was ein Zeichensystem aus logischen, biologischen oder sonstigen Gründen leisten muß, und ordnet in einem abschließenden Schritt die in den Sprachen vorfindlichen Strukturen dem aufgestellten Schema zu. Sondern man geht von Anfang an sowohl induktiv als auch deduktiv vor. D.h. man kontrolliert den Entwurf einer Funktionentheorie fortwährend durch empirische Beobachtung und Vergleich der in den Sprachen der Welt erfüllten Funktionen und gelangt mindestens teilweise auf diesem induktiven Wege zu neuen Einsichten über das Funktionieren von Sprache. Heuristisch betrachtet, erkennt man etwas als eine sprachliche Funktion daran, daß verschiedene Sprachen sich offensichtlich bemühen, sie zu erfüllen.

Zur Illustration des Gemeinten seien ein paar dieser funktionalen Bereiche kurz vorweg genannt (s.u. zu den funktionalen Domänen). Von der Begriffsbildung war schon die Rede. Damit hängt die Referenz zusammen, also die Manipulation von Entitäten im Redeuniversum. Ihr untergeordnet sind u.a. Determination, Deixis und Quantifikation. Ein anderer funktionaler Bereich ist die Erfassung eines Sachverhaltes als Handlung und daran beteiligte Mitspieler und die Gliederung der so gegebenen Beziehungen (Partizipation). Wieder ein anderer Bereich ist die Possession, also alles, was mit Besitz und, im weiteren Sinne, der Beziehung von Menschen zu Gegenständen oder von zwei Gegenständen zueinander zu tun hat. Allen diesen funktionalen Bereichen entsprechen grammatische Mittel in den Sprachen der Welt. D.h. die zugehörigen Konzepte und Operationen sind in allen Sprachen zu einem gewissen Grade grammatikalisiert, wenn auch immer noch große Unterschiede verbleiben. Als Beispiele von konzeptuellen Domänen, die in keiner einzigen Sprachen grammatikalisiert sind, kann man die Kochterminologie oder die Fortbewegung in der Luft anführen.

Grammatische Begriffe

Grammatische Kategorien und Funktionen

Wir haben zunächst zu unterscheiden zwischen grammatischen und kognitiven Kategorien (i.w.S., d.h. Begriffen; s. u.):

Beispiele für kognitive vs. grammatische Kategorien in diesem Sinne sind: Sexus vs. Genus; Zeit vs. Tempus; Anzahl vs. Numerus; Frage vs. Interrogativsatz.

Ein schon zu Beginn von Kap. 2.3 angedeutetes terminologisches Problem mit der ‘grammatischen Kategorie’ liegt in ihrem Verhältnis zur ‘syntaktischen Kategorie’. Da Grammatik Syntax umfaßt, sollte jede syntaktische Kategorie auch eine grammatische sein. Es hat sich jedoch eingebürgert, den Terminus ‘syntaktische Kategorie’ auf die in Kap. 2.3 beschriebene Verwendung und den Terminus ‘grammatische Kategorie’ auf die im folgenden definierte Verwendung einzuschränken. Einen Berührungspunkt zwischen den beiden Begriffen bilden die Wortarten, die mal grammatische, mal syntaktische (und mal lexikalische) Kategorien genannt werden.

In §1 wurde ein dynamischer sprachtheoretischer Ansatz skizziert, für den das Sprachsystem keine vorgegebene, sondern eine abgeleitete Größe ist. Entsprechend haben wir im Kapitel über Grammatikalisierung nicht die Grammatizität (Zugehörigkeit zur Grammatik, grammatischer Charakter) eines Zeichens, sondern seine Grammatikalisierung als grundlegenden theoretischen Begriff eingeführt. Die Grammatizität ist folglich keine binäre, sondern eine graduelle Eigenschaft.

Wesen des grammatischen Begriffs

Ferner ist es nach dem in Kap. 2.4 Ausgeführten klar, daß man die Frage, ob oder in welchem Maße etwas ein grammatischer Begriff ist, nicht einzelsprachunabhängig beantworten kann. Vernünftig ist nur die Frage, ob ein Begriff in einer bestimmten Sprache ein grammatischer Begriff ist, oder ob es eine Sprache gibt, in der dies ein grammatischer Begriff ist. Ein Begriff ist in der Sprache L ein grammatischer Begriff in dem Maße, in dem Zeichen, die ihn kodieren, in L grammatikalisiert sind. Beispiele:

Die prototypische Instanz einer grammatischen Kategorie ist die Flexionskategorie. Oder jedenfalls ist die geläufige linguistische Auffassung der grammatischen Kategorie stark geprägt von den grammatischen Kategorien, die in den gängigen europäischen Sprachen Flexionskategorien sind. Es gibt aber auch grammatische Kategorien wie etwa Definitheit/Indefinitheit oder die durch die Modalverben ausgedrückten Kategorien im Deutschen, die keine Flexionskategorien sind. Auch Derivationskategorien kann man zu den grammatischen Kategorien rechnen in dem Maße, in dem sie regelmäßig sind (vgl. Kap. 2.2).

Zum rechten Verständnis mehrerer Beispiele in den folgenden Kapiteln ist es wichtig, auf eine Konsequenz der die Grammatikalisierung begleitenden Desemantisierung hinzuweisen. Wenn ein Zeichen vollständig grammatikalisiert ist, kann es so bedeutungsleer sein, daß es in einem Syntagma verträglich ist mit einem Element, das ihm semantisch zu widersprechen scheint. B1 verdeutlicht das Gemeinte.

B1.Morgen fahre ich nach Rom.

B1 zeigt, daß der Wert ‘Präsens’ der grammatischen Kategorie ‘Tempus’ mit einem auf die Zukunft verweisenden Element verträglich ist. ‘Präsens’ (als unmarkiertes Tempus) bedeutet also nicht ohne weiteres ‘Gegenwartsbezug’; der Zeitbezug wird vielmehr durch das betreffende lexikalische Element im Satze festgelegt. Mehr dazu anderswo.

Grammatische Operationen

In Kap. 2.1 war der Begriff der sprachlichen Operation als einer elementaren Sprachhandlung eingeführt worden. In der Sprache gibt es Operationen auf verschiedenen Ebenen. Wir befassen uns hier mit solchen Operationen, die sich in Strukturprozessen manifestieren und im weitesten Sinne grammatische Funktionen erfüllen, also mit grammatischen Operationen. Grammatische Operationen erzeugen grammatische Strukturen dadurch, daß sie die grammatischen Eigenschaften (die Kategorie) des Operanden verändern durch Anwendung des Operators bzw. Kombination mit ihm. Die folgende Tabelle führt einige wichtige Operationen auf.

Grammatische Operationen
OperationOperatorOperandFunktion
PrädikationPrädikatSubjektschreibt den Operator dem Operanden zu
VerbalisierungVerbalisator (z.B. Kopula)nicht-verbales Syntagmaüberführt Operanden in ein Verb/VS
NominalisierungNominalisatornicht-nominales Syntagma (inkl. Klause)überführt Operanden in ein Nom/NS
DeterminationDeterminatorNominalüberführt den Operanden in ein NS dadurch, daß sie den Referenten auf Redeuniversum oder Sprechsituation bezieht
NegationNegatorSyntagmaüberführt Operanden in sein Gegenteil
AttributionAttributNominalkombiniert Ausdruck als Attribut mit Nominal

Neben den aufgeführten gibt es andere Operationen wie Anapher, bei denen die Operator-Operand-Struktur nicht so klar ist.

Eine Operation hat einen Ausdrucksaspekt, welcher ein Strukturprozeß – im einfachsten Falle einer der morphologischen Prozesse aus Kap. 2.2 – ist, und einen funktionalen (semantischen) Aspekt, welcher eben den semantischen Unterschied zwischen dem Operanden und dem Resultat ausmacht. Die beiden Aspekte konkretisieren sich in Significans und Significatum des Operators.

Der Strukturprozeß ist, statisch gefaßt, eine Kombination von grammatischen (oder Struktur-)Mitteln. Traditionell rechnet man mit folgenden grammatischen Mitteln (vgl. Kap. 2.1.4):

Diese grammatischen Mittel lassen sich syntagmatisch zu einem Strukturprozeß kombinieren ganz so, wie in Kap. 2.2.2 für die morphologischen Prozesse dargestellt.

B2 zeigt den Operator nur in einer Operation, die eine Restriktion in folgendem Sinne leistet: Gegeben einen Ausdruck A (als Operanden) in einer Prädikation P, so drückt ‘nur A’ in P (als Resultat) aus, daß P für A gilt und daß es kein B ≠ (insbesondere >) A gibt, für das P gälte.

B2.Wir waren nur am Steinhuder Meer.

In B2 kann der Operand (oder Skopus) von nur das Syntagma am Steinhuder Meer sein, z.B. wenn dieser Ort kontrastiert wird mit am Lago Atitlán. Der Operand kann aber auch das ganze Prädikat sein, z.B. wenn dieses kontrastiert wird mit haben eine Weltreise gemacht.

Funktionale Domänen der Sprache

Die Gesamtheit der Konzepte und Operationen, welche sich den beiden obersten Zielen der Sprachtätigkeit, der Kognition und Kommunikation, unterordnen und welche Sprachsysteme strukturieren, läßt sich in Bereiche gliedern, welche funktionale Domänen heißen. Der Begriff läßt sich am leichtesten per ostensionem erläutern. Die folgende Tabelle zählt die meisten der bisher in der Literatur eingeführten funktionalen Domänen auf.

Funktionale Domänen der Sprache
funktionale Domänewichtigste Teilbereiche
Apprehension und Nomination Begriffstypen, Kategorisierungssysteme
Begriffsbildung Modifikation (Attribution, Apposition), Begriffsverankerung (inkl. durch Partizipation)
Quantifikation und Ordnung Quantifikation in der Referenz, Quantifikation in der Prädikation, Ordnung
Referenz Individuation, Verankerung (inkl. Deixis), Phora, Referenzverfolgung, Determination
Possession Possession in der Referenz, possessive Prädikation, Possession und Partizipation
Raumkonstruktion Bezugspunkte, lokale Relationen, Raumregionen, räumliche und Gestalteigenschaften sowie Posituren von Gegenständen
Prädikation Präsentation, Existenz/Befinden, Identifikation, Charakterisierung
Partizipation Kontrolle und Affiziertheit, zentrale vs. periphere Partizipantenrollen
SituationsgestaltungSituationstypen, Aspektualität (Verbalcharaktere, Aktionsarten), Modifikation von Situationen, Taxis
Temporale Orientierungabsolutes Tempus, temporale Relation
Illokution und Modalität Aussage, Frage, Ausruf, Bitte und Befehl, Hortation/Monition, Obligation, Volition, Möglichkeit, Evidentialität, Abtönung
Kontrast Negation, Vergleich, Abstufung, Intensivierung
Junction Proposition vs. Sachverhalt, Redewiedergabe, Inhaltssätze, interpropositionale Relationen, Interdependenz von Propositionen
Diskursstruktur Informationsstruktur (Topic vs. Comment; Präsupposition vs. Assertion, Fokus, Emphase)

Es kann angenommen werden, daß diese Aufstellung den größten Teil der Funktionen, die von den in herkömmlichen Grammatiken beschriebenen grammatischen Mitteln erfüllt werden, umfaßt. Da der Gesichtspunkt onomasiologisch ist, versteht es sich, daß ein gegebenes grammatisches Mittel einer Sprache mehreren solcher Domänen zugeordnet sein kann. Aber auch abgesehen davon sind die Domänen nicht disjunkt, weil die sprachlichen (kognitiven und kommunikativen) Funktionen vielfach miteinander verflochten sind. Z.B. ist die Domäne der Quantifikation intern nach Gesichtspunkten gegliedert, welche sich aus zwei anderen Domänen ergeben.

Die funktionalen Domänen geben das Einteilungsprinzip einer funktionalen Grammatik ab, so wie die Ausdrucksmittel und ihre Strukturen das Einteilungsprinzip einer strukturalen Grammatik abgeben. In dieser Einführung werden nur einige der funktionalen Domänen exemplarisch behandelt.

Ikonizität und Natürlichkeit

Seit F. de Saussure (1916) ist das Prinzip der Arbitrarietät des Sprachzeichens in der Linguistik eingeführt. Es betrifft in erster Linie Morpheme. Auf höheren grammatischen Ebenen waltet ein gewisses Maß an dem, was de Saussure ‘relative Arbitrarietät’ nannte, d.h. Motiviertheit durch Zusammensetzung des Ganzen aus Teilen nach Regeln.

Ein Zeichen ist ikonisch in dem Maße, in welchem sein Ausdruck seinem Inhalt ähnlich ist. Z.B. stehen die Formen Teppich und Teppiche in der Numerusopposition ‘Singular’ vs. ‘Plural’. Die Pluralform hat ein Suffix, die Singularform hat keinen besonderen Ausdruck. Dem entspricht im Inhalt, daß die Pluralform die zusätzliche Information gibt, daß es mehr als ein Gegenstand ist, während die Singularform hierzu keine Information gibt (z.B. liegt in Teppichfabrik nicht die Information, daß die Fabrik genau einen Teppich produziert). Die Bildung der Pluralform durch ein zusätzliches Ausdruckselement gegenüber der Singularform ist ikonisch.

Ikonizität ist im Sprachsystem allgegenwärtig. Cäsars berühmtes veni - vidi - vici ist ikonisch, weil der Ausdruck die unmittelbare Reihenfolge relativ kurzer Ereignisse spiegelt. Hier liegen Reihenfolgeikonismus und Umfangsikonismus (oder quantitativer Isomorphismus) vor.

B2.a. Erna trat Erwin.
b.Erna trat nach Erwin.

Das Ausdrucksverhältnis von B2.a und b ist ikonisch, weil die (durch nach) vermittelte, distanzierte Kombination von trat und Erwin in b das Nicht-Erreichen oder nicht vollständige Erreichen von Erwin spiegelt, während in a die beiden Ausdrücke unmittelbar kombiniert sind, so daß die unmittelbare Affiziertheit von Erwin symbolisiert wird. Man spricht in solchen Zusammenhängen auch von Distanzikonismus. Der Beispiele sind Legion. Nicht alle sprachlichen Ausdrücke sind ikonisch; aber wenn man einen Ausdruck als ikonisch erweisen kann, ist er für linguistische Zwecke erklärt.

Übungsaufgaben
1.Grammatische Kategorien

1 Aus diesem Wesensmerkmal der Sprache folgt die im vorigen Abschnitt erwähnte Effabilität.