Eine wissenschaftliche Arbeit wird normalerweise nicht in einem Wurf, sondern in einem mehrstufigen Prozeß abgefaßt. Schematisch lassen sich die folgenden Stufen der Entstehung einer wissenschaftlichen Arbeit unterscheiden:
Die Abfassung einer wissenschaftlichen Arbeit methodisch in solche Stufen zu zergliedern hat mehrere Vorteile. Einer davon ist, die Schreibhemmung zu überwinden. Wer an sich den Anspruch stellt, eine umfangreiche Arbeit in einem einzigen Zuge abzufassen, erhöht die Schreibhemmung. Die Arbeit über einen längeren Zeitraum stetig und systematisch wachsen zu lassen ist auch ein Trick gegenüber sich selbst, denn der Punkt, zu dem andere sich mühsam aufraffen müssen und den sie lange vor sich herschieben, nämlich eben die “eigentliche Abfassung” der Arbeit, tritt so gar nicht auf. Dazu ist es freilich nötig, daß die vorbereitenden Stufen, insbesondere die Materialsammlung und die Lektüre, nicht Hürden aufschichten, sondern im Gegenteil Beiträge zur Endfassung darstellen. Dazu im übernächsten Abschnitt.
Typischerweise hat man für eine schriftliche Arbeit einen Abgabetermin (engl. deadline). Man macht sich daher einen Zeitplan, der die wichtigsten Stufen bis dahin spezifiziert. Praktischerweise beginnt man ihn von hinten, weil die letzten Etappen relativ spezifisch und kleinteilig und zudem (mindestens in bestimmten Fällen) unabänderlich sind:
Man beginnt also mit Punkt 11 und dem dafür bestimmten Termin und spezifiziert dann die Termine bis zum Punkt 2 rückwärts. Es verbleibt dann der Zeitraum zwischen dem Beginn der Arbeit und dem Datum für Punkt 2, wo die Rohfassung der Arbeit vorliegt. Das ist der Zeitraum #1, der einem für die eigentliche wissenschaftliche Arbeit zur Verfügung steht. Davon sieht man höchstens zwei Drittel für Literaturbeschaffung und Informationsaufnahme vor. Das letzte Drittel ist der Redaktion der Arbeit gewidmet. Ein Drittel der Zeit genügt, falls man sich an die hier gegebene Empfehlung hält, das Typoskript von Anfang an wachsen zu lassen.
Selbstverständlich kann man den Zeitplan nicht einhalten. Dann kann man neue Fristen setzen und evtl. den Plan inhaltlich ändern, z.B. auf Teile verzichten oder sie radikal kürzen. Dies alles setzt jedoch voraus, daß man überhaupt einen Zeitplan hat. Hat man keinen, wird man unfehlbar davon überrascht, daß die letzten der obigen Etappen nahen, welche man nur unter erheblichem Schaden für das Endprodukt überspringen kann.
Sobald man weiß, daß man eine Arbeit zu einem bestimmten Thema vorhat, legt man dafür eine Textdatei an, die zunächst aus wenig mehr als dem Titel und dem Namen des Autors sowie dem Abschnitt ‘Bibliographie’ bestehen kann. Sie heißt im folgenden Arbeitsdatei. Man kann auch gleich am absoluten Beginn der Datei eine Anmerkung (im technischen Sinne der Textverarbeitung, also einen nicht gedruckten Kommentar) einfügen, in der man Logbuch führt. Seit etwa 2000 sehen die Textverarbeitungsprogramme auch (bei Datei > Eigenschaften) die Angabe von Metadaten für eine Datei vor, so dass man das Logbuch nicht mehr als Kommentar in den eigentlichen Text schreiben muss. Das Logbuch besteht aus einer Reihe von Einträgen, deren jeder normalerweise nur eine Zeile umfaßt und aus einem Datum und einer Tat besteht. Relevante Punkte sind u.a.
Das Logbuch benötigt man, um den Überblick über die vollzogenen Bearbeitungsschritte nicht zu verlieren. Wenn man z.B. in den Bearbeitungsphasen die Versionsnummern der Datei weiterzählt, oder wenn man von anderen eine Kopie der Datei mit Kommentaren zurückbekommt, hat man verschiedene Versionen der Datei, die man auseinanderhalten muß, um feststellen zu können, welche weiterbearbeitet und welche archiviert oder weggeworfen werden soll. Parallele Versionen erhält man auch, wenn man aus einer Datei eine Präsentation zieht und diese nach Vorführung verbessert. Ob solche Verbesserungen auch in die Arbeitsdatei zurückgeflossen sind, erfährt man später aus dem Logbuch.
Bei der Materialsammlung (Stoffsammlung) unterscheidet man zwei Arten von Material:
Information des Typs 1 speichert man in einer bibliographischen Datenbank. Darauf legt man in seiner Arbeitsdatei Verweise an, aber man ruft sie aus der Datenbank erst ab bzw. kopiert sie, wenn sie wirklich in den abzufassenden Text eingeht.
Information des Typs 2 schreibt man direkt in die Arbeitsdatei.
Freilich ist der Unterschied zwischen den beiden Arten von Information nicht immer klar. Oft fällt einem zu dem, was man liest, etwas Weiterführendes oder Kontradiktorisches ein, also im Prinzip Information von Typ 2. Über die Kategorisierung solcher Information entscheidet die beabsichtigte Verwertung: Handelt es sich um Ideen, die an diejenigen einer Publikation anknüpfen, jedoch für die jetzt gerade anstehende Aufgabe nicht benötigt werden, so kann man sie zusammen mit dem Exzerpt ablegen. Sind es Ideen, die gerade für die aktuelle Arbeit gebraucht werden, so setzt man sie in die Arbeitsdatei und macht einen Verweis auf die Bibliographie.
In einer Wissenschaft wie der Linguistik liegt selbst bei einer empirischen oder angewandten Arbeit der größte Teil der Informationsaufnahme in der Anfangsphase in der Lektüre. S. dazu die Abschnitte zur Literatursuche und zur Lektüre auf der Website zu den Arbeitstechniken. Gemäß oben Gesagtem ist es methodisch wichtig, diese Phase nicht als etwas Abgetrenntes, rein Rezeptives zu behandeln, welches der “eigentlichen Abfassung” vorangeht. Vielmehr wächst bei der Lektüre die Arbeitsdatei.
Das Verfahren, die Phasen der Lektüre und der Abfassung zu trennen und in der ersteren nur separate – womöglich noch handschriftliche – Notizen anzulegen, die man zu Beginn der Abfassungsphase sortiert und in den abzufassenden Text überträgt, wird zwar von einigen Ratgebern empfohlen, stammt aber noch aus der Zeit der Schreibmaschine, da Änderungen eines Textes einen riesigen Aufwand bedeuteten, weil auch unveränderte Stücke immer von neuem abgetippt werden mußten. Solche Gesichtspunkte spielen bei Arbeit mit dem Computer gottseidank keine Rolle mehr.
Da wissenschaftliches Schreiben den Computer als Instrument benutzt, beziehen sich mehrere Schreibtechniken auf dessen Handhabung. Hier ein paar Hinweise, deren Nichtbefolgung immer wieder zu unangenehmen Konsequenzen führt:
Am Anfang ist die Arbeitsdatei nur eine Sammlung von Zitaten, Literaturhinweisen, Gedankensplittern, offenen Fragen und Aufträgen an ein späteres Selbst. Spätestens wenn diese Stoffsammlung den Umfang einer Seite angenommen hat, beginnt man mit der Gliederung. Zum Teil ist dies ein ganz routinemäßiger schematischer Vorgang; insoweit kann man einfach das allgemeine Gliederungsschema, das im nächsten Kapitel geboten wird, abkupfern und anpassen. Zum Teil ergibt sich die Gliederung aus dem spezifischen Stoff.
Technisch betrachtet, macht man die Gliederung in Form von Abschnittsüberschriften, die nach dem Dezimalsystem numeriert werden. Dazu benutzt man jedenfalls die entsprechenden Formatvorlagen oder ‘Styles’ des Textverarbeitsprogramms. Die Nummern werden auf keinen Fall “zu Fuß” angegeben, d.h. ziffernmäßig eingesetzt. Jedes Textverarbeitungsprogramm zählt die Abschnitte automatisch durch, sorgt für die hierarchische Einsortierung von Unterabschnitten und paßt die Numerierung an, wenn ein Abschnitt samt Überschrift eingeschoben, gelöscht, an andere Stelle versetzt oder wenn eine Überschrift auf eine andere Ebene der dezimalen Gliederung geschoben wird. Die automatische Numerierung ist ebenfalls nötig, wenn man im Text auf Abschnittsnummern verweisen will.2
Das Sammeln von Material und die Gliederung sind einander befruchtende Aspekte dieser Arbeitsphase. Einerseits folgert man aus dem gesammelten Material induktiv eine angemessene Gliederung. Andererseits erzwingt eine systematische Gliederung die Ergänzung fehlenden Materials und inspiriert zur Verfolgung von bisher nicht bedachten Aspekten.
Textverarbeitungsprogramme gestatten es, die Gliederung der Arbeit in Form von Überschriften in einem separaten Bildschirmbereich neben der Schreibseite ständig anzuzeigen. Sobald die Komplexität etwas gewachsen ist, empfiehlt es sich, die Gliederung so eingeblendet zu halten. Auf diese Weise behält man nicht nur den Überblick, sondern man kann auch per Mausklick in einen anderen Abschnitt springen, um dort etwas nachzutragen oder nachzusehen.
Es kann nicht schaden, während der Redaktion die Textverarbeitungsfunktion der automatisch hierarchisch gegliederten (Zwischen-)Überschriften ausgiebig zu nutzen. Eben weil man in der separaten Anzeige die Struktur des Textes leichter kontrolliert als im laufenden Text selbst, vereinfachen einem die untergliedernden Überschriften die Aufgabe, den Text systematisch aufzubauen und gleichartigen Inhalt auf analoge Weise zu strukturieren und zu behandeln. Stellt man am Ende der Arbeit fest, dass ein Unterabschnitt weniger als eine halbe Seite umfasst, löscht man die Überschrift wieder, erhält jedoch den systematischen Aufbau.
Terminologisch ist noch von Interesse, daß der Oberbegriff für die Gliederungseinheiten ‘Abschnitt’ (engl. section) heißt. Ein Kapitel ist ein Hauptabschnitt einer selbständigen Publikation. Aufsätze und kleinere unpublizierte Arbeiten (inkl. studentische Hausarbeiten) haben somit keine Kapitel.
Wenn die genannten Phasen nicht voraufgegangen wären, fände auf dieser Stufe die eigentliche Niederschrift der Arbeit als eines zusammenhängenden Textes statt. So jedoch hat die Abfassung ihren Schrecken bereits verloren, da sie zwanglos auf den drei vorbereitenden Stufen aufsetzt und das dort Geleistete weiterentwickelt.
Beim Schreiben versucht man, Konsistenz in einem Text herzustellen. Das bedeutet, daß man versucht,
Dieses Bemühen bringt einen auf neue Gedanken. Manch einer stellt sich auf den Standpunkt “ich weiß nicht, was ich schreiben soll / mir fällt nichts ein”, und schiebt die Niederschrift seiner Arbeit vor sich her. Aus dem gerade Gesagten folgt, daß diese Haltung ganz realitätsfremd ist. Schreiben ist eine anregende Betätigung; die Ideen kommen gerade beim Schreiben.
Hat man einen Kreativitätsschub, ergeben sich eine Fülle von Assoziationen, welche man unmöglich alle gleichzeitig zu Ende verfolgen kann. Man schreibt dann in den entsprechenden Abschnitt der Gliederung nur eine Bemerkung, welche hinreicht, daß der Gedanke nicht wieder vergessen wird, und kehrt dann zu seinem Thema zurück. Hat man in einem grundsätzlich ausformulierten Abschnitt etwas nicht fertigstellen können – typischerweise handelt es sich um nicht verifizierte Literaturhinweise, unvollständige Zitate, fehlende Beispiele und dergleichen –, so setzt man entweder eine Anmerkung oder eine idiosynkratische Marke (z.B. ein ‘$’) in den Text, die einen an das Manko erinnert, nach der man leicht durch die Datei suchen kann und die man nach Lösung des Problems wieder löscht.
Die Rohfassung der Arbeit ist auch ein Prozeß der Auslese aus der Fülle des Zusammengetragenen. Bei der Abfassung des Textes behält man im Auge, daß es um die Lösung eines Problems geht. Einer der häufigsten Anfängerfehler ist, unbedingt all das referieren zu wollen, was man gelesen hat; s. dazu den Abschnitt zum Literaturreferat. Zudem laufen die meisten Autoren Gefahr, “vom Hölzchen aufs Stöckchen” zu geraten. Man entgeht ihr dadurch, daß man sich stets fragt, welche Rolle das gerade Geschriebene im Zusammenhang der Argumentation spielt und welchen Beitrag es mithin zur Lösung der Themenfrage leistet. Alles, was dazu keinen erkennbaren Beitrag leistet, entfernt man aus dem Text. Man packt es auch nicht in Fußnoten, sondern hebt es sich – wenn man es denn so interessant findet – für die nächste Arbeit auf.
Indem die Arbeit sich ihrer Vollendung nähert, führt man sich gelegentlich kritisch die eigenen Ziele vor Augen und fragt sich, ob die Proportionen der Arbeit ihnen entsprechen. Hat man z.B. ein empirisches Problem zu lösen, so muß die Analyse von Daten nebst Generalisierungen mindestens die Hälfte der Arbeit ausmachen; es geht nicht an, daß sie sich auf theoretische Erörterungen mit ein paar Beispielen reduziert. Hatte man die Darstellung einer Forschungsrichtung angekündigt, so sind Objektivität und Überblick wichtiger als Originalität. Hatte man aber die Lösung eines Problems angekündigt, so treten Literaturreferate in den Hintergrund, und eigene Gedanken des Autors sind gefragt.
Texte, auch wissenschaftliche, sind keine Monologe. Sie sollen gelesen werden und beim Leser Erfolg haben. Eine der ersten Fragen bei der Redaktion ist deshalb, wer die intendierte Leserschaft ist. Bei Arbeiten, die publiziert werden, hat der Autor sich diese Frage ernsthaft zu stellen, in seinem Vorwort explizit zu beantworten und in der Darstellung und im Stil seines Textes dieser Antwort zu entsprechen. In wissenschaftlichem Kontext pflegt der wichtigste Parameter in der Klassifikation der Leser der Grad des Spezialistentums, also der Fachkenntnis in der Thematik der Arbeit, zu sein. Ein hoher Grad wird z.B. in einem Beitrag zu einem Fachkolloquium vorausgesetzt. Ein niedriger Grad wird angenommen, wenn man etwas Populärwissenschaftliches oder wenn man sogar für Schulkinder schreibt. Je nachdem wird man Fachtermini voraussetzen, explizit einführen oder sogar vermeiden.
Die Frage des Leserkreises nimmt im Falle einer studentischen Hausarbeit oder einer Examensarbeit einen etwas künstlichen Charakter an. Eine Hausarbeit wird genau für eine Person geschrieben, eine Examensarbeit für zwei Gutachter. Das Erfordernis, mit der Arbeit wissenschaftliches Schreiben im allgemeinen zu üben und unter Beweis zu stellen, kann leicht konfligieren mit dem Bemühen, dem bekannten Leser zu gefallen. Aber die Situation ist so partikulär und künstlich nun auch wieder nicht. Auch wenn ein Wissenschaftler einen Kongreßbeitrag abfaßt, stellt er sich die Frage, ob er den anwesenden Fachleuten, die für die eigene Karriere wichtig sind, schmeicheln oder die kalte Schulter zeigen oder ob er sie einfach neutral behandeln will; und wiederum, ob er die Fachleute, welche die gegenteilige Auffassung vertreten, vor den Kopf stoßen oder ob er sie zu überzeugen versuchen will. Daraus folgt der Rat für Haus- und Examensarbeiten, nicht in erster Linie für den bekannten Leser der Arbeit, sondern für ein imaginäres Fachpublikum zu schreiben, das etwas weniger weiß als der tatsächliche Leser und das, will man strittige Auffassungen vertreten, überzeugt werden muß.
Mit einer wissenschaftlichen Arbeit beteiligt man sich an einem Kommunikationsprozess. Es ist deshalb nicht sinnvoll, ihre Abfassung bis zur Einreichung bzw. Veröffentlichung in solipsistischer Einsamkeit zu betreiben. Deshalb sehen alle bedeutenden Wissenschaftsverlage vor der Publikation eingereichter Manuskripte deren Revision durch Fachkollegen vor. Handelt es sich bei der schriftlichen Arbeit um eine Prüfungsleistung, so ist die entscheidende Station nach deren Einreichung die Bewertung durch die Fachgutachter. Aus naheliegenden Gründen wird man die Entdeckung von Schwächen des Textes nicht denen überlassen, sondern damit vor Einreichung wohlmeinende Menschen in der persönlichen Umgebung betrauen. Das ist Punkt 4 im obigen Zeitplan.
Die kritische Lektüre der Rohfassung eines Fachtextes ist ein Freundschaftsdienst, zu dem der Gebetene natürlich auch qualifiziert sein muss. Eine naheliegende Möglichkeit besteht in bilateralen Vereinbarungen mit Kommilitonen, die die gleiche Prüfung vor sich haben, bzw. mit Kollegen, die in demselben Fach publizieren. Natürlich nimmt die fachliche Spezialisierung der Texte mit höheren Stufen der akademischen Laufbahn zu, so dass es immer schwieriger wird, fachlich kompetente Leser zu finden. Aber es geht nicht nur um empirische Korrektheit (die in der Tat nur die wenigsten überprüfen können), sondern auch um theoretische Konsistenz und um so elementare Eigenschaften des Textes wie Zusammenhang und Verständlichkeit. Auch jemand, der nicht auf demselben Gebiet arbeitet, soll den Text ja verstehen können.
Es ist zu unterscheiden zwischen einer Revision des Inhalts und der Darstellung einerseits und einer Revision der sprachlichen Form, also der Korrekturlektüre, andererseits. In der hier vorausgesetzten Etappe des Arbeitsprozesses geht es zunächst nur um die erstere. Man tut aber gut daran, auch der zum Zweck der Revision aus der Hand gegebenen Rohfassung bereits eine anständige sprachliche Form angedeihen zu lassen, sonst ist die Durchsicht für die Revisoren eine Zumutung.
Handelt es sich um eine Prüfungsleistung, so kann man die Prüfer fragen, ob sie bereit sind, eine Rohfassung der Arbeit kritisch zu kommentieren. Hier ist allerdings Sorgfalt geboten: Da auch Prüfer Zeit sparen wollen, entlasten sie durch diese erste Lektüre die später fällige Lektüre der eingereichten Arbeit, die sie begutachten müssen, machen sich also bereits bei dieser Gelegenheit Notizen, die sie für das Gutachten verwenden. Und auch unabhängig hiervon ist es nicht ratsam, sich den Unmut dieser Leser zuzuziehen dadurch, daß man ihnen Machwerke zu lesen gibt, die man nicht einmal selbst in bezug auf Fehler durchgesehen hat. Es empfiehlt sich also, den Prüfern eine Fassung vorzulegen, die schon einige Stufen kritischer Durchsicht durchlaufen hat und die man selbst für abgabereif hält.
Die Überführung der Rohfassung in die Endfassung umfaßt i.w. zwei Arbeitsgänge:
Wenn die Rohfassung bereits ein kohärenter Text ist, sind Änderungen ein notorisches nervliches Problem. Nicht nur ist es schwierig zu akzeptieren, daß man sich geirrt hat; die Änderungen kosten auch Zeit und mentale Energie zu einem Zeitpunkt, da man schon fertig zu sein gehofft hatte. Relativ leicht fällt noch das Erweitern eines Abschnitts um etwas, was man zu berücksichtigen vergessen hatte oder was sich aus dem Vorhandenen zusätzlich folgern läßt. Schwieriger ist das Umstellen und Umschreiben, ganz schmerzlich ist die Tilgung von Abschnitten.
Die systematische Korrekturlektüre besteht in der Revision des gesamten Textes im Hinblick auf sprachliche Fehler auf allen Ebenen, von Tippfehlern bis hinauf zu Anakoluthen und stilistischen Lapsus. Man verschiebt sie in die allerletzte Phase. Da man die eigenen Fehler leicht übersieht, ist es von Vorteil, wenn jemand anders die Korrektürlektüre übernimmt. Das muss kein Fachmann sein; es ist eine typische Aufgabe für Freunde und Familienmitglieder. Mit der Korrekturlektüre muss man erst recht jemand anders betrauen, wenn man die Arbeit nicht in seiner Muttersprache abfaßt. Sprachliche Fehler können in der Endfassung nicht stehenbleiben; folglich muß man einen Muttersprachler um Korrekturlektüre bitten. Es ist aber natürlich nicht sinnvoll, dies zu tun, noch bevor größere Änderungen am Text vorgenommen werden.
Ein wesentlicher Aspekt der abschließenden Korrektur ist auch die formale Vereinheitlichung. Zusammengesetzte Termini müssen bei allen ihren Vorkommen auf dieselbe Weise geschrieben werden, Beispiele müssen immer auf dieselbe Weise eingerückt werden, Literaturverweise sind in Ordnung zu bringen, Titel von inhaltlich parallelen Abschnitten müssen parallel lauten, der definite Artikel vor Titelbegriffen ist einheitlich zu handhaben (normalerweise wegzulassen) und was dergleichen mehr ist.
Die Frage der Reihenfolge der Komponenten einer wissenschaftlichen Arbeit stellt sich in dreierlei Sinn:
Diese drei Reihenfolgen sind prinzipiell voneinander unabhängig (Severino 1975:58):
Aus allem, was oben zu den Arbeitsschritten gesagt wurde, ergibt sich, daß man eine Arbeit nicht von der ersten bis zur letzten Zeile abfaßt, sondern daß man immer mehrere “Baustellen” gleichzeitig hat. Gerade die Einleitung hat einige Aspekte, denen man erst voll gerecht werden kann, wenn man die Arbeit im übrigen beendet hat, so daß viele Leute finden, man solle die Einleitung am Schluß schreiben. Ob man sie tatsächlich hundertprozentig für den Schluß aufspart, ist sicher Geschmackssache – mancher mag es vorziehen, sich zunächst selbst einen Rahmen zu stecken, auf den er sich bei der Arbeit beziehen kann.
Bestimmte Teile der Einleitung kann man jedenfalls erst niederschreiben, wenn man den Rest der Arbeit schon abgeschlossen hat. Das betrifft ganz sicher den letzten Abschnitt der Einleitung. Im Abschnitt über die Themenwahl der Website über Methodologie ist auch dargestellt, daß die Abgrenzung des Themas nicht vorab möglich, sondern eine der Früchte der Arbeit ist. Aber auch den theoretischen Rahmen und die Methodik wird man am Schluß überarbeiten müssen, denn nur selten stellt sich heraus, daß man präzise das gemacht hat, was man sich am Anfang vorgenommen hatte.
1 Man versieht eine Datei mit Schreibschutz, die nicht geändert werden soll. Eine der wichtigsten Funktionen des Schreibschutzes ist der Schutz vor der eigenen Zerstreutheit, nämlich z.B. davor, daß man an einer früheren Version einer Datei weiterarbeitet, während doch die Weiterarbeit an einer anderen Version stattfinden sollte. Schreibschutz auf eine Datei legen: Dateimanager aufrufen, Rechtsklick auf die Datei, Eigenschaften, Schreibgeschützt: ja.
2 Das vorliegende Webskript ist in diesem Punkte alles andere als vorbildlich. Das liegt an zwei Punkten: Zum einen sollen Websites modular aufgebaut sein, so daß eine gegebene Seite von mehreren anderen aus erreicht und so in mehrere verschiedene Kontexte inkorporiert werden kann. Zum zweiten unterstützen A.D. 2007 weder HTML noch Javascript die automatische Dezimalnumerierung (oder überhaupt die automatische Durchzählung von irgendetwas außer Listenpunkten).