Mit den grammatischen Ebenen sind normalerweise die Komplexitätsebenen1 grammatischer Struktur gemeint, die bereits im Abschnitt über die sprachlichen Ebenen eingeführt wurden. Die Darstellung wird hier wiederholt:

Komplexitätsebenen grammatischer Einheiten
EinheitBeispiel
SatzWer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.
Klausewer andern eine Grube gräbt
Syntagmaandern eine Grube gräbt
Wort(-form)gräbt
Morphem-t

Es werden also, die Hierarchie der grammatischen Ebenen hinaufsteigend, Wortformen zu Syntagmen, diese zu einfachen Sätzen und diese zu zusammengesetzten Sätzen kombiniert. Zur Terminologie ist folgendes zu bemerken:

Wie überhaupt alle sprachlichen Einheiten sind auch die Einheiten der grammatischen Ebenenhierarchie Gegenstand der beiden fundamentalen Operationen Selektion und Kombination: Auf jeder einzelnen Ebene selektiert der Sprecher diese Einheit statt anderer derselben Kategorie und kombiniert sie mit Einheiten anderer Kategorien zu einer Einheit der nächsthöheren Ebene. Diese Operationen haben, je weiter man die Ebenenhierarchie hinaufsteigt, desto größere Freiheitsgrade. Auf der obersten Ebene unterliegt die Sprachtätigkeit den geringsten Beschränkungen des Sprachsystems: der Sprecher kann seine Sätze frei wählen und sie einzig nach Sinngesichtspunkten miteinander kombinieren. Bei der Bildung von Syntagmen gelten bereits grammatische Regeln des jeweiligen Sprachsystems; z.B. muß man Adjektivattribute im Deutschen vor, im Arabischen jedoch hinter das Bezugsnomen stellen (ohne daß das für den Sinn irgendetwas ausmachte). Es gibt hier auch Kategorien wie z.B. Hilfsverben, wo die Auswahl klein und reglementiert ist. Bei der Bildung von Wortformen gar herrscht weniger das Ziel des Sprechers und eher die Regeln des Sprachsystems. Bzgl. der Form gräbt des obigen Beispielsatzes schreibt mir die Syntax die 3. Ps. Sg. vor, und die Morphologie schreibt mir vor, daß ich diese in Form des Suffixes -t zu kodieren habe. Auf der niedrigsten grammatischen Ebene bilden geschlossene Klassen von Formativen wohlorganisierte Paradigmen, und vieles von dem, was dort an Selektion und Kombination geschieht, ist obligatorisch.


1 Mit ‘Komplexität’ ist in der Syntax i.a. nichts Geheimnisvolles gemeint, sondern lediglich die Zusammensetzung einer Einheit einer höheren Ebene aus Einheiten der nächstniedrigeren Ebene. Manchmal meint man auch, i.e.S., die Kombination von zwei oder mehr Einheiten derselben Kategorie zu einer höheren, z.B. die Kombination von zwei einfachen Sätzen zu einem zusammengesetzten Satz.

2 Ähnlich wie Phrase hatte auch Klausel schon seit Jahrhunderten eine etymologisch wohlbegründete und im Deutschen wohletablierte Bedeutung, die (anders als bei Klause) von dem gewünschten linguistischen Begriff nicht weit genug entfernt ist, um Mißverständnisse zu vermeiden.