Die Analyse des Significatums eines Sprachzeichens hat zum Ziel, seine Bedeutungsbestandteile herauszuarbeiten. Das Resultat ist die Bedeutungsangabe oder, formal gesprochen, die semantische Repräsentation des Zeichens. Sie muß einerseits verdeutlichen, wodurch sich dieses Significatum von ähnlichen unterscheidet, und andererseits, wie es sich mit den Significata der Zeichen, die mit diesem in einer Konstruktion sind, kombiniert. Die Methode dazu ist folglich, wie immer in der Systemlinguistik, die Überprüfung der paradigmatischen und syntagmatischen Relationen des zu analysierenden Ausdrucks.

Angenommen, wir sollten die Bedeutung von dt. hacken analysieren. Ohne linguistische Methodik würde man typischerweise versuchen, das Zeichen in Isolation zu paraphrasieren, vielleicht so: Hacken bedeutet so viel wie “mit einem spitzen oder scharfen Gegenstand wiederholt ruckartig mechanisch auf etwas einwirken”. Die Güte einer solchen Bedeutungsangabe bewährt sich, wenn man sie in einem Satz, in welchem das zu analysierende Wort vorkommt, dafür substituiert. Wir nehmen also den Satz

.Laß uns das Holz hacken.

und setzen unsere Paraphrase für hacken ein, dann erhalten wir :

.Laß uns das Holz mit einem spitzen oder scharfen Gegenstand wiederholt ruckartig mechanisch auf etwas einwirken.

Das erste, was man hier sieht, ist, daß man dafür sorgen muß, daß die syntagmatischen Relationen, die das zu definierende Zeichen eingeht, im Definiens und im Definiendum in gleicher Weise angegeben werden, sonst kommt ein solcher Salat wie in heraus. Eine erste Verbesserung unserer Bedeutungsangabe würde dann so aussehen:

x hackt y bedeutet “x wirkt mit einem spitzen oder scharfen Gegenstand wiederholt ruckartig mechanisch auf y ein”.

Nehmen wir nun die Substitution in unter Berücksichtigung der üblichen Regeln der Einsetzung von Konstanten für Variablen vor, erhalten wir :

.Laß uns mit einem spitzen oder scharfen Gegenstand wiederholt ruckartig mechanisch auf das Holz einwirken.

Jetzt ist die Paraphrase wenigstens syntaktisch in Ordnung. Damit haben wir einen ersten Schritt zur Berücksichtigung der syntagmatischen Relationen von hacken getan.

Als nächstes sehen wir, daß die Bedeutungsangabe das Gemeinte nicht trifft. Zum Hacken von Holz gehört ja wesentlich, daß dieses dabei in Stücke geht. Ehe wir nun weiter an unserer Bedeutungsangabe herumbasteln, wenden wir besser linguistische Methodik an und berücksichtigen nun auch die paradigmatischen Relationen von hacken systematisch. Den methodischen Ansatz veranschaulicht folgende Graphik:

Paradigmatische und syntagmatische Relationen von hacken
Paradigmatik
schneiden
sägen
(zer-)spalten
SyntagmatikLaß uns das Holzhacken
zerstückeln
zerkleinern
kleinmachen

Die Menge der Ausdrücke – in diesem Falle transitiven Verben –, die zu dem zu analysierenden in semantisch begründeter Opposition oder freier Variation stehen, bildet ein Wortfeld.1 Seine Mitglieder können spezifische paradigmatische lexikalische Relationen zueinander tragen. Z.B. sind zerkleinern und kleinmachen, mindestens bei dieser Kategorie von direktem Objekt, miteinander synonym. Daneben gibt es in diesem Wortfeld mehrfache Hyponymie: Der Oberbegriff des ganzen Feldes (das Archilexem) ist offenbar zerkleinern, davon ist zerstückeln ein Hyponym, und davon ist hacken ein Hyponym.

Schwieriger ist die Beziehung zu spalten. Den Unterschied kann man ungefähr so beschreiben:

Im weiteren müßten wir nun noch die Beziehung zu schneiden und sägen klären. Wir kürzen das hier ab; eine vollständige Analyse würde mindestens zwei Seiten einnehmen und wäre hier zu aufwendig. Wir kommen nur noch einmal auf die syntagmatischen Relationen zurück. Bisher haben wir die Bedeutung von hacken nur in bezug auf Holz als direktes Objekt beschrieben. In Ausdrücken wie das Blumenbeet hacken oder ein Loch ins Eis hacken liegen offensichtlich andere Gebrauchsweisen vor. Man hat also, wenn man die Gesamtbedeutung eines sprachlichen Zeichens angeben will, auch die Konstruktionen, in denen es verwendet wird, sowie die semantischen Kategorien der anderen Komponenten in diesen Konstruktionen systematisch zu variieren. Auch das würde hier zu weit führen. Wenn wir uns auf den transitiven Gebrauch von hacken sowie auf physikalische Objekte in Funktion des Patiens beschränken, können wir die Bedeutung ungefähr so angeben:

x hackt y bedeutet, wenn y ein solides physikalisches Objekt ist: “x wandelt y in kleinere Stücke dadurch, daß x einen härteren Gegenstand als y als Werkzeug wiederholt mit Wucht gegen y führt”.

Die Bedingung “wenn y ein solides physikalisches Objekt ist” ist eine Selektionsrestriktion, die hacken in dieser Bedeutung hat, die aber z.B. nicht für die Verwendung in ein Loch ins Eis hacken gilt.

Indem man bei der semantischen Analyse die paradigmatischen und syntagmatischen Relationen systematisch berücksichtigt, analysiert man die Bedeutung eines gegebenen Ausdrucks letztlich in Abstimmung auf die Bedeutung aller Ausdrücke der Sprache. Man versucht, zwischen allen semantischen Repräsentationen Konsistenz herzustellen. Dazu zerlegt man die Bedeutung in kleinste Bestandteile wie z.B. ‘y ist ein solides physikalisches Objekt’. Als Ausdruck einer formalen Sprache heißt ein solcher Ausdruck Proposition. Als Bedeutungseigenschaft eines sprachlichen Ausdrucks heißt er semantisches Merkmal. Dieser Begriff wird im Kapitel über die Struktur des Lexikons weiter illustriert.


1 Strukturell betrachtet, stehen auch Verben wie besehen und aufessen zu hacken in Opposition; aber sie gehören anderen Wortfeldern an.